5.2 Separable Körpererweiterungen
Die zweite Eigenschaft (neben der Normalität), die eine Galois-Erweiterung (Satz 5.44) haben muss, ist die Separabilität. Wie wir sehen werden, ist diese für Körper der Charakteristik \(0\) immer gegeben; es handelt sich also um eine Eigenschaft, die nur in positiver Charakteristik relevant bzw. interessant ist.
Sei \(K\) ein Körper und \(\overline{K}\) ein algebraischer Abschluss von \(K\). Ein Polynom \(f\in K[X]\) heißt separabel, wenn \(f\) in \(\overline{K}\) nur einfache Nullstellen hat.
Die Nullstellen eines separablen Polynoms sind also alle voneinander verschieden, oder »getrennt«, lateinisch: »separiert«. Der Begriff separabel (für Polynome) wird in der Literatur nicht ganz einheitlich gehandhabt; im wichtigsten Fall, dass das betrachtete Polynom irreduzibel ist, stimmen aber alle Definitionen überein. Die Eigenschaft, separabel zu sein, ist unabhängig von der Wahl eines algebraischen Abschlusses von \(K\).
Sei \(K\) ein Körper und \(f\in K[X]\) ein irreduzibles Polynom. Dann sind äquivalent:
\(f\) ist separabel,
\(f' \ne 0\).
Insbesondere gilt: Über einem Körper der Charakteristik \(0\) ist jedes irreduzible Polynom separabel. Über einem Körper der Charakteristik \(p {\gt} 0\) ist jedes irreduzible Polynom, dessen Grad nicht von \(p\) geteilt wird, separabel. (Siehe den folgenden Satz für eine genauere Beschreibung.)
Das Polynom \(f\) hat genau dann eine mehrfache Nullstelle, etwa \(\alpha \), in einem algebraischen Abschluss \(\overline{K}\) von \(K\), wenn \(f\) und \(f'\) eine gemeinsame Nullstelle haben, oder mit anderen Worten: Wenn es einen Linearfaktor \(X-\alpha \) gibt, der \(f\) und \(f'\) teilt. Das ist genau dann der Fall, wenn der größte gemeinsame Teiler von \(f\) und \(f'\) nicht-konstant ist. Diese Eigenschaft können wir aber genausogut in \(K[X]\) überprüfen wie in \(\overline{K}[X]\), denn der größte gemeinsame Teiler ist in beiden Ringen derselbe. Das kann man damit begründen, dass der größte gemeinsame Teiler mit dem euklidische Algorithmus (siehe Bemerkung LA2.15.43) berechnet werden kann, und diese Berechnung findet vollständig im Ring \(K[X]\) statt, wenn die beiden betrachteten Polynom in \(K[X]\) liegen, wie es hier der Fall ist. Weil \(f\) irreduzibel ist, folgt dann, dass sich \(f\) und der ggT von \(f\) und \(f'\) nur durch Multiplikation mit einer Konstanten in \(K^\times \) unterscheiden. Andererseits gilt \(\deg (f') {\lt} \deg (f)\). Weil der ggT von \(f\) und \(f'\) auch ein Teiler von \(f'\) ist, muss \(f' = 0\) gelten. Ist andererseits \(f' = 0\), dann ist jede Nullstelle von \(f\) eine mehrfache Nullstelle.
Wenn man vermeiden möchte, auf den euklidischen Algorithmus zurückzugreifen, den wir in der Algebra-Vorlesung nicht wiederholt haben, kann man wie folgt argumentieren: Wenn \(\alpha \) eine gemeinsame Nullstelle von \(f\) und \(f'\) ist, dann ist \(\operatorname{minpol}_{\alpha , K}\) ein gemeinsamer Teiler von \(f\) und \(f'\) in \(K[X]\). Aus der Irreduzibilität von \(f\) folgt dann, dass sich \(f\) und \(\operatorname{minpol}_{\alpha , K}\) höchstens um ein Skalar in \(K^\times \) unterscheiden. Damit sehen wir, wie im vorherigen Argument, dass \(f\) ein Teiler von \(f'\) ist, was aus Gradgründen nur möglich ist, wenn \(f' = 0\) gilt.
Überlegen Sie sich, dass man auf die Voraussetzung, dass \(f\) irreduzibel sei, im obigen Satz nicht verzichten kann.
Ist \(K\) ein Körper der Charakteristik \(p {\gt} 0\), so ist das Polynom \(X^p - a\) (mit \(a\in K\)) nicht separabel, denn seine Ableitung verschwindet, so dass jede Nullstelle eine mehrfache Nullstelle ist. Ist \(c\) eine Nullstelle dieses Polynoms (in einem geeigneten Erweiterungskörper von \(K\)), so gilt dort \(X^p -a = X^p - c^p = (X-c)^p\), also ist \(c\) eine \(p\)-fache Nullstelle von \(X^p-a\). Es gibt also, wenn überhaupt eine \(p\)-te Wurzel von \(a\) existiert, genau eine \(p\)-te Wurzel! Entsprechend verhält es sich mit \(p^r\)-ten Wurzeln für \(r {\gt} 1\), und allgemeiner haben wir den folgenden Satz.
Sei \(K\) ein Körper der Charakteristik \(p {\gt} 0\) und sei \(f\in K[X]\) irreduzibel. Sei \(r\in \mathbb N\) maximal mit der Eigenschaft, dass \(f\) die Form \(g(X^{p^r})\) für ein Polynom \(g\in K[X]\) hat. Dann ist \(g\) durch \(f\) eindeutig bestimmt, separabel und irreduzibel.
Jede Nullstelle von \(f\) hat die Vielfachheit \(p^r\), und die Nullstellen von \(f\) (in einem algebraischen Abschluss \(\overline{K}\) von \(K\)) sind gerade die \(p^r\)-ten Wurzeln der Nullstellen von \(g\).
In der Situation des Satzes ist also \(f\) genau dann separabel, wenn \(f=g\) oder äquivalent \(r=0\) gilt.
Es ist klar, dass \(g\) durch die angegebene Beschreibung eindeutig bestimmt ist. Hätte \(g\) eine Zerlegung als Produkt von nicht-konstanten Polynomen, so würden wir durch Einsetzen von \(X^{p^r}\) für \(X\) eine nicht-triviale Zerlegung von \(f\) erhalten, im Widerspruch zur Irreduzibilität von \(f\). Wegen der Maximalität von \(r\) ist nicht jede Potenz von \(X\), die in \(g\) mit Koeffizient \(\ne 0\) auftritt, durch \(p\) teilbar. Daher ist \(g'\) nicht das Nullpolynom. Weil \(g\) irreduzibel ist, ist \(g\) nach Satz 5.9 separabel.
Offenbar gilt \(f(\alpha ) = 0\) genau dann, wenn \(g(\alpha ^{p^r}) = 0\) ist. Wir schreiben \(g = \gamma (X-\beta _1)\cdots (X-\beta _s)\) mit \(\gamma , \beta _i\in \overline{K}\). Sei \(\alpha _i\in \overline{K}\) das eindeutig bestimmte Element mit \(\alpha _i^{p^r} = \beta _i\). Es folgt
und wir sehen, dass jede Nullstelle von \(f\) (in \(\overline{K}\)) Vielfachheit \(p^r\) hat. (Diese Aussage gilt auch, wenn diese Nullstellen von \(f\) in Teilkörpern von \(\overline{K}\) betrachtet werden.)
Sei \(\left.L\middle /K\right.\) eine algebraische Körpererweiterung.
Ein Element \(a\in L\) heißt separabel über \(K\), wenn ein separables Polynom \(p\in K[X]\setminus \{ 0\} \) existiert mit \(p(a)=0\). Es ist äquivalent zu fordern, dass das Minimalpolynom von \(a\) über \(K\) separabel sei.
Ein Element \(a\in L\), das nicht separabel über \(K\) ist, heißt inseparabel.
Die Körpererweiterung \(\left.L\middle /K\right.\) heißt separabel, wenn jedes Element von \(L\) über \(K\) separabel ist.
Ist die Erweiterung \(\left.L\middle /K\right.\) nicht separabel, so heißt sie inseparabel. Ist sogar jedes Element von \(L\), das nicht in \(K\) liegt, inseparabel über \(K\), dann nennt man die Erweiterung \(\left.L\middle /K\right.\) rein inseparabel.
Aus dem oben Gesagten folgt, dass jede algebraische Erweiterung von Körpern der Charakteristik \(0\) separabel ist. Ist \(K\) ein Körper der Charakteristik \(p {\gt} 0\) und \(\left.L\middle /K\right.\) eine Erweiterung, deren Grad nicht von \(p\) geteilt wird, dann ist die Erweiterung (warum?) separabel.
Sei \(p\) eine Primzahl. Sei \(K = \mathbb F_p(T) = \operatorname{Quot}(\mathbb F_p[T])\) der Körper der rationalen Funktionen in \(T\) über \(\mathbb F_p\). Das Polynom \(X^p-T\) ist irreduzibel nach dem Eisenstein-Kriterium (Satz 3.53). Sei \(\sqrt[p]{T}\) die eindeutig bestimmte Nullstelle des Polynoms \(X^p-T\) in einem fixierten algebraischen Abschluss von \(K\). Dann ist \(L:= K[\sqrt[p]{T}]\) ein Erweiterungskörper von \(K\) (vom Grad \(p\)), derart dass die Erweiterung \(\left.L\middle /K\right.\) nicht separabel ist, denn das Element \(\sqrt[p]{T}\) ist nicht separabel über \(K\).
Aus dem oben Gesagten folgt, dass ein irreduzibles Polynom \(f\) über einem Körper \(K\) (zum Beispiel das Minimalpolynom eines algebraischen Elements eines Erweiterungskörpers) höchstens dann nicht separabel sein kann, wenn \(K\) positive Charakteristik \(p\) hat und \(p\) den Grad von \(f\) teilt. Damit erhalten wir:
Jeder Körper der Charakteristik \(0\) ist ein perfekter Körper.
Ist \(K\) ein Körper der Charakteristik \(p {\gt} 0\) und ist \(\left.L\middle /K\right.\) eine endliche Erweiterung, deren Grad nicht von \(p\) geteilt wird, dann ist die Erweiterung \(\left.L\middle /K\right.\) separabel.
In positiver Charakteristik haben wir die folgende Charakterisierung perfekter Körper. Dabei benutzen wir den Frobenius-Homomorphismus aus Beispiel 3.2.
Sei \(K\) ein Körper der Charakteristik \(p {\gt} 0\). Dann sind äquivalent:
Der Körper \(K\) ist perfekt.
Jede endliche Erweiterung von \(K\) ist separabel.
Der Frobenius-Homomorphismus \(K\to K\), \(x\mapsto x^p\), ist surjektiv (und folglich ein Isomorphismus).
Trivialerweise folgt (ii) aus (i). Nun gelte (ii). Um (iii) zu zeigen, betrachten wir \(y\in K\). Das Polynom \(X^p-y\) hat in einem endlichen Erweiterungskörper \(L\) eine Nullstelle \(x\). Es gilt dann \(\operatorname{minpol}_{x, K}\, |\, (X^p-y)\) und andererseits \(X^p-y = X^p-x^p = (X-x)^p\). Weil die Erweiterung \(\left.L\middle /K\right.\) separabel ist, hat \(\operatorname{minpol}_{x, K}\) nur einfache Nullstellen. Insgesamt folgt \(\operatorname{minpol}_{x, K} = X-x\), also \(x\in K\). Somit liegt \(y\) im Bild des Frobenius-Homomorphismus.
Nun gelte (iii). Wir zeigen, dass jede Erweiterung \(\left.L\middle /K\right.\) separabel ist. Sei \(\alpha \in L\) und \(f = \operatorname{minpol}_{\alpha , K}\). Seien \(r\) und \(g\) wie in Satz 5.10 definiert, also \(f = g(X^{p^r})\) und \(g\) hat nur einfache Nullstellen. Wir wollen zeigen, dass \(r=0\) (also \(g=f\)) gilt. Wir schreiben \(g = \sum _{i=0}^n b_iX^i\) und wählen \(a_i\in K\) mit \(a_i^{p^r} = b_i\). (Weil die Abbildung \(x\mapsto x^p\) und damit auch die Abbildung \(x\mapsto x^{p^r}\) surjektiv ist, ist das möglich.) Dann ist
Weil \(f\) irreduzibel ist, impliziert das \(p^r = 1\), also \(r=0\), wie gewünscht.
Jeder endliche Körper ist perfekt.
Weil der Frobenius-Homomorphismus wie jeder Homomorphismus zwischen Körpern injektiv ist und ein endlicher Körper gegeben ist, ist der Frobenius-Homomorphismus auch surjektiv. Aus der Charakterisierung perfekter Körper im vorherigen Satz folgt die Behauptung.
Wir wollen nun zeigen, dass jede Körpererweiterung \(\left.L\middle /K\right.\), die erzeugt wird durch Elemente von \(L\), die über \(K\) separabel sind, eine separable Erweiterung ist. (Mit anderen Worten: Summen, Differenzen, Produkte und Quotienten von separablen Elementen sind wieder separabel.) Ähnlich wie beim analogen Ergebnis für den Begriff »algebraisch« (wo wir zum Beweis den Grad einer Körpererweiterung eingeführt haben), brauchen wir auch an dieser Stelle einen neuen Begriff, den sogenannten Separabilitätsgrad einer Körpererweiterung, der uns erlaubt zu messen, »wie nah« die Erweiterung an einer separablen Erweiterung ist.
Sei \(\left.L\middle /K\right.\) eine endliche Körpererweiterung und sei \(\overline{K}\) ein algebraischer Abschluss von \(K\). Dann heißt
der Separabilitätsgrad der Erweiterung \(\left.L\middle /K\right.\).
Ist \(\left.L\middle /K\right.\) eine einfache Erweiterung, etwa \(L = K(\alpha )\), dann ist \([L:K]_s\le [L:K]\) und Gleichheit gilt genau dann, wenn \(\alpha \) separabel über \(K\) ist.
Um allgemeinere Erweiterungen zu betrachten, beweisen wir zuerst, dass sich der Separabilitätsgrad, ebenso wie der Grad, multiplikativ in einem Turm von Erweiterungen verhält.
Seien \(\left.E\middle /K\right.\) und \(\left.L\middle /E\right.\) endliche Körpererweiterungen. Dann gilt
(Für den Fall, dass nicht alle Separabilitätsgrade hier endlich sind, ist die Aussage so zu interpretieren, dass die linke Seite genau dann unendlich ist, wenn (mindestens) einer der Faktoren auf der rechten Seite unendlich ist.)
Sei \(\overline{K}\) ein algebraischer Abschluss von \(K\). Durch Einschränkung von \(K\)-Homomorphismen erhalten wir eine Abbildung
Wir untersuchen die Fasern dieser Abbildung. Für \(\tau \in \operatorname{Hom}_K(E, \overline{K})\) lässt sich \(\tau \) nach Satz 4.33 zu einem \(K\)-Homomorphismus \(L\to \overline{K}\) fortsetzen, also ist die Faser \(R^{-1}(\tau )\) nicht-leer. Ist \(\sigma _0\in R^{-1}(\tau )\) ein fixiertes Element, das wir fortsetzen zu \(\tilde{\sigma }_0\colon \overline{K}\to \overline{K}\) (wieder mit Satz 4.33, dessen zweiter Teil zeigt, dass \(\tilde{sigma}_0\) ein Isomorphismus ist), dann ist die Abbildung
bijektiv. Jedenfalls ist \(\tilde{\sigma }_0^{-1}\circ \sigma \) ein \(E\)-Homomorphismus, denn für \(\alpha \in E\) gilt
Die Bijektivität folgt, weil die Abbildung eine Umkehrabbildung hat, nämlich \(\sigma \mapsto \tilde{\sigma }_0\circ \sigma \).) Jede Faser \(R^{-1}(\tau )\) von \(R\) hat also \([L:E]_s\) Elemente. Weil \(\operatorname{Hom}_K(L, \overline{K})\) die disjunkte Vereinigung der Fasern von \(R\) ist und es \(\# \operatorname{Hom}_K(E, \overline{K}) = [E:K]_s\) Fasern gibt, folgt die behauptete Gleichheit.
Für jede endliche Körpererweiterung \(\left.L\middle /K\right.\) gilt \([L:K]_s\le [L:K]\).
Wegen der Multiplikativät des Separabilitätsgrades in einem Turm von Erweiterungen genügt es, die Behauptung für einfache Erweiterungen zu zeigen. In diesem Fall haben wir die Aussage aber bereits in Lemma 5.18 notiert.
Man kann auch zeigen (siehe Satz 5.33), dass für eine endliche Körpererweiterung \(\left.L\middle /K\right.\) der Separabilitätsgrad immer ein Teiler des Grads ist und dass der Quotient \(\left.[L:K]\middle /[L:K]_s\right.\) gleich \(1\) oder sonst eine Potenz der (notwendigerweise positiven) Charakteristik \(p\) von \(K\) ist.
Sei \(\left.L\middle /K\right.\) eine endliche Körpererweiterung. Es sind äquivalent:
Die Erweiterung \(\left.L\middle /K\right.\) ist separabel.
Es gibt separable Elemente \(\alpha _1, \dots , \alpha _r\in L\) mit \(L=K(\alpha _1,\dots , \alpha _r)\).
Es gilt \([L:K]_s = [L:K]\).
Wenn (i) gilt, dann folgt (ii) – wir können ein beliebiges endliches Erzeugendensystem der Erweiterung \(\left.L\middle /K\right.\) hernehmen. Ist (ii) gegeben, so erhalten wir (iii) aus Lemma 5.18, indem wir die Multiplikativität des Separabilitätsgrades ausnutzen für die Kette
(Nach Voraussetzung ist \(\alpha _i\) separabel über \(K\), also erst recht über jedem Erweiterungskörper \(E\) von \(K\), denn \(\operatorname{minpol}_{\alpha , E}\, |\, \operatorname{minpol}_{\alpha , K}\).)
Schließlich zeigen wir die Implikation (iii) \(\Rightarrow \) (i). Sei \(\alpha \in L\). Aus
und der Multiplikativität von Separabilitätsgrad und gewöhnlichem Grad folgt mit der Voraussetzung (iii), dass \([K(\alpha ):K]_s = [K(\alpha ):K]\) gilt. Also ist das Element \(\alpha \) separabel über \(K\) (Lemma 5.18).
Ist \(\left.L\middle /K\right.\) separabel, dann gilt immer \([L:K]_s = [L:K]\), mit anderen Worten: Es ist dann \(\left.L\middle /K\right.\) genau dann endlich, wenn \([L:K]_s\) endlich ist. Es ist nämlich \([E:K]_s \le [L:K]_s\) für jeden Zwischenkörper \(E\) von \(\left.L\middle /K\right.\), und eine unendliche Erweiterung besitzt Zwischenkörper beliebig hohen endlichen Grades über dem Grundkörper.
Entsprechendes gilt dann auch für nicht notwendig endlich erzeugte Erweiterungen:
Sei \(\left.L\middle /K\right.\) eine algebraische Körpererweiterung und \(M\subseteq L\) eine Teilmenge mit \(L=K(M)\). Sind alle Elemente aus \(M\) separabel über \(K\), dann ist die Erweiterung \(\left.L\middle /K\right.\) separabel.
Das folgt aus den vorherigen Ergebnissen, weil jedes Element von \(K(M)\) in einem Teilkörper von \(K(M)\) enthalten ist, der von einer geeignet gewählten endlichen Teilmenge von \(M\) erzeugt wird. Vergleiche den Beweis von Korollar 4.19.
Seien \(\left.L\middle /E\right.\) und \(\left.E\middle /K\right.\) algebraische Körpererweiterungen. Dann ist äquivalent:
Die Erweiterung \(\left.L\middle /K\right.\) ist separabel.
Die Erweiterungen \(\left.L\middle /E\right.\) und \(\left.E\middle /K\right.\) sind separabel.
Wenn \(\left.L\middle /K\right.\) endlich ist, folgt die Behauptung direkt aus dem oben Gesagten, indem wir Grad und Separabilitätsgrad dieser Erweiterungen betrachten. Den allgemeinen Fall können wir wie folgt darauf zurückführen. Dass (ii) aus (i) folgt, ist einfach. Sei nun (ii) gegeben und \(\alpha \in L\). Sei \(\operatorname{minpol}_{\alpha , E} = \sum _{i=0}^d a_iX^i\), \(a_i\in E\) und \(E' = K(a_1, \dots , a_d)\). Weil \(\alpha \) über \(E\) separabel ist, hat \(\operatorname{minpol}_{\alpha , E}\) nur einfache Nullstellen. Deshalb ist \(\alpha \) auch separabel über \(E'\), denn das Minimalpolynom von \(\alpha \) über \(E'\) ist dasselbe Polynom. Weil \(E\) über \(K\) separabel ist, ist auch \(E'\) separabel über \(K\). Weil die Erweiterungen \(\left.E'(\alpha )\middle /E'\right.\) und \(\left.E'\middle /K\right.\) endlich und separabel sind, ist auch \(\left.E'(\alpha )\middle /K\right.\) separabel, insbesondere ist \(\alpha \) separabel über \(K\).
Wir schließen diesen Abschnitt ab mit dem Satz vom primitiven Element, der sowohl ein für sich genommen interessantes Ergebnis darstellt, als auch später für uns beim Studium von »Galois-Erweiterungen« nützlich sein wird.
Wenn \(K\) und damit auch \(L\) endlich ist, können wir für \(\alpha \) irgendeinen Erzeuger der multiplikativen Gruppe \(L^\times \) wählen (nach Korollar 2.49 ist diese Gruppe zyklisch). Sei nun \(K\) unendlich und sei \(\overline{K}\) ein algebraischer Abschluss von \(K\).
Jedenfalls ist \(L\) über \(K\) endlich erzeugt, und per Induktion können wir uns auf den Fall beschränken, dass \(L=K(\beta , \gamma )\) von zwei Elementen erzeugt wird.
Es genügt nun, ein Element \(\alpha \) mit \([K(\alpha ):K]_s = [L:K]_s = [L:K]\) zu finden, oder mit anderen Worten ein Element \(\alpha \in L\), für das die Einschränkungsabbildung \(\operatorname{Hom}_K(L, \overline{K})\to \operatorname{Hom}_K(K(\alpha ), \overline{K})\) injektiv ist. (Wir wissen ja bereits, dass diese Abbildung immer surjektiv ist.) Die Injektivität ist dazu äquivalent, dass die Bilder \(\sigma (\alpha )\) von \(\alpha \) für \(\sigma \in \operatorname{Hom}_K(L, \overline{K})\) paarweise verschieden sind.
Wir machen den Ansatz \(\alpha = b\beta + \gamma \) für ein Element \(b \in K\), das noch geeignet zu wählen ist. Die Bedingung, die \(b\) erfüllen muss, ist
oder mit anderen Worten
(Das Produkt wird hier und im Folgenden über alle \(\sigma \ne \tau \in \operatorname{Hom}_K(L,\overline{K})\) gebildet.) Das heißt, dass \(b\) keine Nullstelle des Polynoms
ist. Wenn \(\sigma (\beta )=\tau (\beta )\) und \(\sigma (\gamma )=\tau (\gamma )\) gilt, dann folgt \(\sigma =\tau \), weil \(L\) von \(\beta \) und \(\gamma \) erzeugt wird. Faktoren mit \(\sigma =\tau \) treten im Produkt nicht auf; also ist \(f\ne 0\). Daher hat \(f\) höchstens endlich viele Nullstellen in \(K\). Weil \(K\) unendlich ist, existiert also \(b\in K\) mit \(f(b)\ne 0\) und dann ist \(b\beta +\gamma \) ein Element von \(L\), das \(L\) über \(K\) erzeugt.
Lieber Herr Hasse!
Ich möchte Ihnen doch auch noch den Galoisschen Beweis für die Existenz des primitiven Elements zur eventuellen Aufnahme in Ihr Buch angeben.1) Bei Galois (in seiner großen Abhandlung über die Auflösung durch Radikale) steht er für den Fall, daß es sich…
So beginnt eine Postkarte von Emmy Noether an Helmut Hasse. (Aus dem von Lemmermeyer und Roquette herausgegebenen Buch über die Korrespondenz Noether–Hasse, PDF kostenlos verfügbar.)
»Sehen« Sie, dass es sich um »denselben« Beweis handelt, wie wir ihn gegeben haben?
Es gilt der folgende Satz:
Sei \(\left.L\middle /K\right.\) eine algebraische Körpererweiterung. Dann sind äquivalent:
Die Erweiterung \(\left.L\middle /K\right.\) besitzt ein primitives Element, d.h. es existiert \(\alpha \in L\) mit \(L=K(\alpha )\).
Die Erweiterung \(\left.L\middle /K\right.\) hat nur endlich viele Zwischenkörper.
Vielleicht als Übung…