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1.5 Zu erwartender Arbeitsaufwand

Das Mathematikstudium ist nicht unbedingt ein einfaches Studium – der Arbeitsaufwand ist hoch. Dafür ist es auch ein besonders interessantes und besonders nützliches Studium. Sie werden viel lernen, und zwar interessante Mathematik und gleichzeitig Ihre Kompetenzen erweitern, komplexe Probleme zu analysieren und zu lösen, und diese Lösungen präzise und verständlich anderen Personen darzustellen. Dass Mathematikerinnen das können, ist aus meiner Sicht der Hauptgrund dafür, dass sie sich um ihre Berufsaussichten keine Sorgen machen müssen: Mathematikerinnen sind gefragt in vielen verschiedenen Branchen, und das war in den letzten Jahrzehnten durchgängig genauso.

Die Einrichtung von Bachelor- und Master-Studiengängen hat es mit sich gebracht, dass das Studium kleinteiliger organisiert wurde als vorher und dass man versucht, viele Schritte genau zu quantifizieren. Der durchschnittliche Arbeitsaufwand für einen Credit-Punkt wird auf 30 Stunden festgelegt. Die 9 Credit-Punkte, die für die Vorlesung Lineare Algebra 1 erreicht werden, entsprechen also ungefähr einem Arbeitsaufwand von 270 Stunden. Das ist eine ganze Menge!

Das soll nun nicht bedeuten, dass ich dieser Rechnung zustimme. Mindestens ist sie mit Vorsicht zu genießen, schon allein weil der Aufwand individuell sehr verschieden ist (einerseits, wie viel nötig ist; andererseits, zu wie viel die/der Einzelne Lust hat).

Etwas genauer ist es an der Uni Duisburg-Essen so, dass die Credit-Punkte für das Modul Grundlagen der Linearen Algebra vergeben werden, das die beiden Vorlesungen Lineare Algebra 1 und 2 umfasst, und das dann 18 CP wert ist. Insofern ist, wenn man überhaupt Arbeitsstunden ausrechnen möchte, ein Teil der oben genannten 270 Stunden in die vorlesungsfreie Zeit zur Nachbereitung zu verlagern, und ein Teil für die Vorbereitung auf die abschließende mündliche Prüfung (die auch die Note bestimmt) einzuplanen.

Jedenfalls: Das Studium ist ein Vollzeitjob.

Wie das Diagramm illustriert, das eine grobe Aufteilung der veranschlagten Arbeitszeit zeigt, entfällt nur ein kleiner Teil der veranschlagten Arbeitszeit auf »Veranstaltungen« (in diesem Semester: Video-Fragestunde, Übungsgruppe). Das ist auch unter normalen Umständen nicht viel anders, mit dem Unterschied, dass Sie jetzt keine festen Termine für die Vorlesung selber haben, sondern selbst entscheiden können, wann Sie das Skript/die Videos anschauen (und sich eventuell mehr disziplinieren müssen, das tatsächlich zu tun, als wenn Sie zu einer festen Zeit zur Vorlesung kommen würden).

\begin{tikzpicture} 
    \pie[hide number, explode={0, 0.1, 0.1, 0, 0}]{8/Videos, 6/Übung, 6/Videokonferenz, 8/Klausurvorbereitung, 72/{Selbststudium}}
\end{tikzpicture}

Was hier unter »Selbststudium« gefasst wird, kann (und sollte) natürlich viele verschiedene Formen annehmen, und soll insbesondere nicht heißen, dass Sie in dieser Zeit durchgehend allein arbeiten müssten. Zum Beispiel fällt mir ein:

  • Bearbeitung der Hausaufgaben,

  • Bearbeitung von Online-Aufgaben,

  • sich mit anderen Studierenden treffen und zusammen arbeiten (Fragen stellen und beantworten),

  • auf der Moodle-Seite Fragen stellen und beantworten,

  • Vorbereitung auf die Übungsgruppe und die Fragestunde

  • das Nacharbeiten des Skripts,

  • »selber denken«,

  • gegebenenfalls andere Quellen lesen/durcharbeiten, …

Mein Ziel ist es, Ihnen das Lernen so leicht wie möglich zu machen. Ich bin für Anregungen, was man verbessern könnte, offen und dankbar. Einen Weg, auf dem dies möglich wäre, ohne dass Sie sich anstrengen müssten, kenne ich leider nicht.

Meine ehrliche Hoffnung ist, dass Sie den hohen Arbeitsaufwand nicht als etwas Negatives sehen, sondern sich darauf einlassen. Die Zeit des Studiums kann und soll eine schöne Zeit des Lebens sein, in der Sie die Möglichkeit haben, viel Zeit mit etwas zu verbringen, das Sie wirklich interessiert. Mathematik zu verstehen und seine eigenen Fortschritte zu sehen, ist sehr befriedigend, und Durchhaltevermögen wird zusätzlich belohnt mit einem Studienabschluss, der Ihnen exzellente Berufsaussichten eröffnet.