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7.6 Wie berechne ich …?

7.6.1 Basiswechsel

Zum Basiswechsel gibt es verschiedene Aufgabentypen, die aber größtenteils durch die Formeln aus Satz 7.32 und Korollar 7.34 abgedeckt sind.

Entscheidend ist, sich zu merken, wie die Matrix \(M^\mathscr B_\mathscr C(f)\) aufgebaut ist: In der \(j\)-ten Spalte stehen die Koeffizienten, die \(f(b_j)\) in der Darstellung als Linearkombination der Basis \(\mathscr C\) hat, mit anderen Worten der Koordinatenvektor \(c_\mathscr C(f(b_j))\). (Hier ist \(\mathscr B= (b_1, \dots , b_n)\).)

Sind \(\mathscr B\), \(\mathscr B^\prime \) Basen von \(V\), so sind die Spalten der Basiswechselmatrix \(M^{\mathscr B^\prime }_{\mathscr B} = M^{\mathscr B^\prime }_{\mathscr B}(\operatorname{id})\) die Koordinatenvektoren \(c_\mathscr B(b_j^\prime )\), wobei wir \(\mathscr B^\prime = (b_1^\prime , \dots , b_n^\prime )\) schreiben. Dementsprechend gilt \(M^{\mathscr B^\prime }_{\mathscr B} c_{\mathscr B^\prime }(v) = c_{\mathscr B}(v)\). So kann man also zwischen Koordinatenvektoren bezüglich verschiedener Basen umrechnen.

Die Abbildung \(c_\mathscr B^{-1}\colon K^n\to V\) (für eine Basis \(\mathscr B=(b_1, \dots , b_n)\) von \(V\)) ist gegeben durch die Vorschrift \((a_1, \dots , a_n)^t\mapsto \sum _{j=1}^n a_jb_j\).

7.6.2 Der Kern einer Abbildung

Der Kern einer linearen Abbildung \(\mathbf f_A\colon K^n\to K^m\), mit anderen Worten der Kern von \(A\), ist die Lösungsmenge des durch \(A\) gegebenen homogenen linearen Gleichungssystems, und wir können mit dem Gauß-Algorithmus eine Basis bestimmen.

Ist \(f\colon V\to W\) eine lineare Abbildung, deren darstellende Matrix \(M^\mathscr B_\mathscr C(f)\) bezüglich endlicher Basen \(\mathscr B\) von \(V\) und \(\mathscr C\) von \(W\) wir kennen, so erhalten wir ein kommutatives Diagramm (vergleiche Bemerkung 7.30)

\begin{tikzcd} [sep=large]
        \Ker(f) \arrow{r}\arrow{d} & V \arrow{r}{f}\arrow{d}{c_\Bscr} & W \arrow{d}{c_\Cscr} \\
        \Ker(M^\Bscr_\Cscr(f)) \arrow{r} & K^n \arrow{r} & K^m,
    \end{tikzcd}

wobei die linke vertikale Abbildung, die Einschränkung von \(c_\mathscr B\) auf \(\operatorname{Ker}(f)\), ein Isomorphismus \(\operatorname{Ker}(f)\to \operatorname{Ker}(M^\mathscr B_\mathscr C(f))\) ist. Sind \(u_1, \dots , u_s\in K^n\) eine Basis von \(\operatorname{Ker}(M^\mathscr B_\mathscr C(f))\), so bilden also \(c_\mathscr B^{-1}(u_1), \dots , c_\mathscr B^{-1}(u_s)\) eine Basis von \(\operatorname{Ker}(f)\).

7.6.3 Das Bild einer Abbildung

Sei zunächst \(A\in M_{m\times n}(K)\) und \(f=\mathbf f_A\) die durch \(A\) gegebene Abbildung. Das Bild von \(A\) ist der von den Spalten von \(A\) erzeugte Untervektorraum von \(K^m\), und wir können eine Basis finden, indem wir innerhalb dieses Erzeugendensystems ein linear unabhängiges Erzeugendensystem auswählen (siehe Abschnitt 6.5.2).

Ist \(f\colon V\to W\) eine lineare Abbildung, deren darstellende Matrix \(M^\mathscr B_\mathscr C(f)\) bezüglich endlicher Basen \(\mathscr B\) von \(V\) und \(\mathscr C\) von \(W\) wir kennen, so erhalten wir ein kommutatives Diagramm (mit \(n=\dim V\), \(m=\dim W\); vergleiche Bemerkung 7.30)

\begin{tikzcd} [sep=large]
        V \arrow{r}{f}\arrow{d}{c_\Bscr} & \im(f)\arrow{r}\arrow{d} & W \arrow{d}{c_\Cscr} \\
        K^n \arrow{r} &  \im(M^\Bscr_\Cscr(f)) \arrow{r} & K^m,
    \end{tikzcd}

wobei die mittlere vertikale Abbildung, die Einschränkung von \(c_\mathscr C\) auf den Unterraum \(\operatorname{Im}(f)\), ein Isomorphismus \(\operatorname{Im}(f)\to \operatorname{Im}(M^\mathscr B_\mathscr C(f))\) ist. Bilden \(u_1, \dots , u_r\in K^m\) eine Basis von \(\operatorname{Im}(M^\mathscr B_\mathscr C(f))\), dann bilden \(c_\mathscr C^{-1}(u_1),\dots , c_\mathscr C^{-1}(u_r)\) eine Basis von \(\operatorname{Im}(f)\).

7.6.4 Untervektorraum als Lösungsmenge

Sei \(U\subseteq K^n\) ein Untervektorraum. Wir wollen ein lineares Gleichungssystem mit Lösungsmenge \(U\) und möglichst wenigen Gleichungen finden. Siehe auch Satz 7.40. Sei \(r=\dim U\). Wir wissen, dass wir mindestens \(n-r\) Gleichungen benötigen. Ist \(u_1, \dots u_r\) eine Basis von \(U\), so suchen wir eine Matrix \(A\in M_{(n-r)\times n}(K)\), so dass \(Au_i = 0\) für alle \(i\), und mit \(\operatorname{rg}(A) = n-r\). Es folgt dann \(U\subset \operatorname{Ker}(A)\), und weil \(\dim \operatorname{Ker}(A) = n-\operatorname{rg}(A) = r\), sogar die Gleichheit \(U=\operatorname{Ker}(A)\).

Wir schreiben die \(u_i\) als die Spalten einer Matrix \(B\). Wir suchen also \(A\) mit der Eigenschaft \(AB=0\) und \(\operatorname{rg}(A) = n-r\). Die Eigenschaft \(AB=0\) ist äquivalent zu \(B^t A^t = 0\). Weil \(B\) Rang \(r\) hat, hat auch \(B^t\in M_{n\times (n-r)}(K)\) den Rang \(r\) (Theorem 7.42), also gilt \(\dim \operatorname{Ker}(B^t) = n-r\). Wir können eine Basis \(c_1, \dots , c_{n-r}\) von \(\operatorname{Ker}(B^t)\) mit dem Gauß-Algorithmus berechnen (das bedeutet einfach, das durch \(B^t\) gegebene homogene lineare Gleichungssystem zu lösen). Die Matrix \(C\) mit den Spalten \(c_1,\dots , c_{n-r}\) ist eine Matrix vom Rang \(n-r\) mit \(B^t C = 0\). Wir können also \(A=C^t\) setzen.

Siehe Bemerkung 7.57 für eine theoretische »Aufarbeitung« dieses Rezepts. (Dass das Rezept funktioniert, folgt aber aus dem, was wir hier gesagt haben.)

In dem speziellen Fall, dass \(U\) der von den Spalten von \(\left(\begin{array}{c} E_r \\ M \end{array}\right)\) erzeugte Untervektorraum ist (mit \(M\in M_{(n-r)\times n}(K)\)), dann ist ein lineares Gleichungssystem mit Lösungsmenge \(U\) gegeben durch \((-A\ \ E_{n-r})x=0\). Dieses Rezept lässt sich auch leicht auf den Fall verallgemeinern, dass \(U\) eine Basis hat, deren Spalten eine Matrix ergeben, die die Einheitsmatrix \(E_r\) in anderen Zeilen als den Zeilen \(1,\dots , r\) enthält. Eine solche Basis lässt sich immer finden: Startet man mit irgendeiner Basis, so kann man die entsprechende Matrix durch elementare Spaltenumformungen auf »Spaltenstufenform« bringen. Die Spaltenumformungen liefern eine andere Basis desselben Untervektorraums (Abschnitt 6.5.5).

Es gibt auch (wie bei vielen der hier diskutierten Aufgabentypen) andere Möglichkeiten, an die Sache heranzugehen: Man kann auch den Beweis von Satz 7.40 zu einem expliziten Rechenrezept machen. Das würde bedeuten, eine Basis von \(U\) zu einer Basis von \(V\) zu ergänzen; das entspricht der Wahl eines Komplements \(U^\prime \) von \(U\). Die Basis von \(U^\prime \) können wir als Isomorphismus \(U^\prime \to K^{n-r}\) betrachten, und man muss dann die Abbildung

\[ K^n = U\oplus U^\prime \to U^\prime \stackrel{\sim }{\smash {\longrightarrow }\rule{0pt}{0.4ex}}K^{n-r} \]

bezüglich der Standardbasen beschreiben, um eine Matrix mit Kern \(U\) zu finden.

7.6.5 Basis von Durchschnitt und Summe von Untervektorräumen

Wir kommen hier auf die Berechnung von Basen von Durchschnitt und Summe zweier Untervektorräume \(U,W\subseteq V\) zurück, und beschreiben das in Abschnitt 6.5.4 vorgestellte Rechenverfahren noch einmal etwas anders. Wir betrachten die »äußere« direkte Summe \(U\oplus W\) (also den Vektorraum aller Paare \((u,w)\) mit den komponentenweisen Rechenoperationen) und die lineare Abbildung

\[ f\colon U\oplus W \to V,\quad (u,w)\mapsto u-w. \]

Dann ist \(\operatorname{Im}(f) = U+W\) (wir können also nach dem oben beschriebenen Verfahren eine Basis von \(U+W\) finden) und

\[ \operatorname{Ker}(f) = \{ (v, v) \in U\oplus W;\ v\in U\cap W \} . \]

Die Abbildung \(\operatorname{Ker}(f)\to U\cap W\), \((v,v)\mapsto v\), ist also ein Isomorphismus. Ist \((v_1, v_1), \dots , (v_t, v_t)\) eine Basis von \(\operatorname{Ker}(f)\), so ist \(v_1, \dots , v_t\) eine Basis von \(U\cap W\).

Sind \(u_1, \dots , u_r\) und \(w_1, \dots , w_s\) Basen von \(U\) bzw. \(W\), so ist \(\mathscr B= (u_1,\dots , u_r, w_1, w_s)\) eine Basis von \(U\oplus W\) (genau genommen sollten wir \((u_i, 0)\) bzw. \((0, w_i)\) schreiben). Wir fixieren auch eine Basis \(\mathscr C\) von \(V\) (in Abschnitt 6.5.4 hatten wir den Fall \(V=K^m\) betrachtet und könnten an dieser Stelle die Standardbasis betrachten). Die Spalten der Matrix \(M^\mathscr B_\mathscr C(f)\) sind dann die Vektoren

\[ c_\mathscr C(u_1),\dots , c_\mathscr C(u_r), -c_\mathscr C(w_1), \dots , -c_\mathscr C(w_s) \]

Damit können wir nach dem oben beschriebenen Verfahren eine Basis von \(\operatorname{Ker}(f)\) finden.