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3.1 Kategorien und Funktoren

Die Idee hinter dem Begriff einer Kategorie ist es, dass es sehr oft sinnvoll ist, zu einer Art von mathematischem Objekt (Vektorraum, Gruppe, Ring, topologischer Raum, …) auch festzulegen, welche Art von Abbildungen man typischerweise zwischen solchen Objekten betrachtet (lineare Abbildungen, Gruppenhomomorphismen, Ringhomomorphismen, stetige Abbildungen, …). Die Definition ist allerdings so flexibel, dass sie auch in allgemeineren Situationen verwendet werden kann (und sich als nützlich erweist).

Unter einer Klasse verstehen wir eine »Zusammenfassung von mathematischen Objekten«, also mehr oder weniger dasselbe wie eine Menge, allerdings ist der Klassenbegriff allgemeiner, weil (formal gesehen) Mengen nur durch die im zugrundeliegenden Axiomensystem erlaubten Operationen gebildet werden können. Es gibt zum Beispiel nicht die »Menge aller Mengen«. Für Klassen bestehen diese Restriktionen nicht; man kann beispielsweise von der Klasse aller Mengen sprechen. Um hiervon wirklich sauber sprechen zu können, müsste man natürlich genauer die Axiome der Mengenlehre festlegen und untersuchen, die zugrundegelegt werden sollen. Wir bleiben stattdessen bei der hier angedeuteten naiven Sichtweise.

Definition 3.1

Eine Kategorie \(\mathscr C\) ist gegeben durch

  1. eine Klasse \(\operatorname{Ob}(\mathscr C)\) von Objekten

  2. für je zwei Objekte \(X, Y \in \operatorname{Ob}(\mathscr C)\) eine Klasse \(\operatorname{Hom}_{\mathscr C}(X, Y)\) von Morphismen von \(X\) nach \(Y\)

  3. für je drei Objekte \(X, Y, Z\in \operatorname{Ob}(\mathscr C)\) eine Abbildung (Verkettung von Morphismen)

    \[ \operatorname{Hom}_{\mathscr C}(X, Y)\times \operatorname{Hom}_{\mathscr C}(Y, Z)\to \operatorname{Hom}_{\mathscr C}(X, Z),\quad (f, g) \mapsto g\circ f, \]
  4. für jedes Objekt \(X\in \operatorname{Ob}(\mathscr C)\) ein Element \(\operatorname{id}_X\in \operatorname{Hom}_{\mathscr C}(X,X)\) (Identitätsmorphismus),

so dass

  1. \(f\circ \operatorname{id}_X = f\), \(\operatorname{id}_X\circ g = g\) für alle \(f\), \(g\), für die die Verkettung existiert,

  2. \((f\circ g)\circ h = f\circ (g\circ h)\), für alle \(f\), \(g\), \(h\), für die diese Verkettungen existieren.

Wir verstehen diese Definition so, dass die Mengen \(\operatorname{Hom}_{\mathscr C}(X,Y)\) und \(\operatorname{Hom}_{\mathscr C}(X^\prime , Y^\prime )\) disjunkt sind, wenn \(X\ne X^\prime \) oder \(Y\ne Y^\prime \) ist.

Beispiel 3.2
  1. Die Kategorie \((\text{Set})\) der Mengen: Objekte sind Mengen, Morphismen sind Abbildungen zwischen Mengen.

  2. Die Kategorie \((\text{Group})\) der Gruppen: Objekte sind Gruppen, Morphismen sind Gruppenhomomorphismen. Entsprechend: Die Kategorie \((\text{AbGroup})\) der abelschen Gruppen.

  3. Sei \(R\) ein Ring. Die Kategorie \((R\text{-}\operatorname{Mod})\) der \(R\)-Moduln hat als Objekte die \(R\)-Moduln, als Morphismen die \(R\)-Modul-Homomorphismen. Die Kategorie \((R\text{-}\operatorname{Alg})\) der \(R\)-Algebren hat als Objekte die \(R\)-Algebren, als Morphismen die \(R\)-Algebra-Homomorphismen.

  4. Die Kategorie der topologischen Räume: Objekte sind topologische Räume, Morphismen sind stetige Abbildungen.

  5. Sei \(G\) eine Gruppe. Wir können eine Kategorie \(\mathscr C\) definieren, die ein einziges Objekt \(X\) hat, und so dass \(\operatorname{Hom}_{\mathscr C}(X, X) = G\). Die Verkettung von Morphismen sei durch die Multiplikation in \(G\) gegeben, \(\operatorname{id}_X\) sei das neutrale Element von \(G\).

  6. Als weiteres Beispiel betrachten wir die Kategorie \(\mathscr C\), deren Objekte alle Mengen sind, und so dass für Mengen \(X\), \(Y\) die Menge der Morphismen definiert sei als

    \[ \operatorname{Hom}_{\mathscr C}(X, Y) = \{ \Gamma \subseteq X\times Y\ \text{Teilmenge}\} . \]

    Die Verknüpfung sei folgendermaßen gegeben: Für \(f\in \operatorname{Hom}(X, Y)\), \(g\in \operatorname{Hom}(Y, Z)\) setze

    \[ g\circ f = \{ (x, y)\in X\times Z;\ \exists y\in Y: (x,y)\in f, (y, z)\in g \} \in \operatorname{Hom}(X, Z). \]

    In diesem Fall sind also die Morphismen keine Abbildungen (die noch zusätzliche Bedingungen erfüllen), sondern »andersartige« Objekte (in diesem Beispiel konkret alle Relationen zwischen \(X\) und \(Y\)). Die Kategorienaxiome sind aber erfüllt, wie man leicht nachprüft. Es gilt \(\operatorname{id}_X = \{ (x,x); x\in X\} \).

Definition 3.3 Kategorielle Sprechweisen

Sei \(\mathscr C\) eine Kategorie, \(X, Y, \dots \in \operatorname{Ob}\mathscr C\).

  1. Die Elemente von \(\operatorname{Hom}_{\mathscr C}(X, X)\) heißen Endomorphismen von \(X\). Man schreibt auch \(\operatorname{End}\nolimits _{\mathscr C}(X):= \operatorname{Hom}_{\mathscr C}(X, X)\).

  2. Ein Element \(f\in \operatorname{Hom}_{\mathscr C}(X,Y)\) heißt Isomorphismus, falls ein Morphismus \(g\in \operatorname{Hom}_{\mathscr C}(Y,X)\) existiert mit \(g\circ f =\operatorname{id}_X\), \(f\circ g=\operatorname{id}_Y\). Dann ist \(g\) eindeutig bestimmt, und heißt der Umkehrmorphismus zu \(f\).

  3. Ein Element \(f\in \operatorname{Hom}_{\mathscr C}(X,Y)\) heißt Monomorphismus, falls für alle \(Z\) und alle \(g, g^\prime \in \operatorname{Hom}(Z, X)\) mit \(f\circ g = f\circ g^\prime \) gilt: \(g=g^\prime \).

  4. Ein Element \(f\in \operatorname{Hom}_{\mathscr C}(X,Y)\) heißt Epimorphismus, falls für alle \(Z\) und alle \(g, g^\prime \in \operatorname{Hom}(Y, Z)\) mit \(g\circ f = g^\prime \circ f\) gilt: \(g=g^\prime \).

  5. Ein Objekt \(P\) von \(\mathscr C\) zusammen mit Abbildungen \(p\colon P\to X\), \(q\colon P\to Y\) heißt Produkt von \(X\) und \(Y\) in \(\mathscr C\), falls für alle Objekte \(T\) zusammen mit Abbildungen \(p^\prime \colon T\to X\), \(q^\prime \colon T\to Y\) ein eindeutig bestimmter Morphismus \(f\colon T\to P\) in \(\mathscr C\) existiert, so dass \(p^\prime =p\circ f\), \(q^\prime =q\circ g\). Das Produkt ist, sofern es existiert, eindeutig bestimmt bis auf eindeutigen Isomorphismus. Wir bezeichnen es mit \(X\times Y\), und bezeichnen die Abbildungen \(p\), \(q\) als die Projektionen auf \(X\) bzw. \(Y\).

    \begin{tikzcd} 
        T \arrow[bend left]{rrd}{p^\prime}
        \arrow[bend right]{rdd}[swap]{q^\prime}
        \ar[dashed]{rd}{f} \\
        & P \ar{r}{p}\ar{d}{q} & X \\
        & Y &
    \end{tikzcd}

    Entsprechend kann man das Produkt \(\prod _{i\in I} X_i\) definieren.

    \begin{tikzcd} [ampersand replacement = \&]
    T \ar[dashed]{rr}{f}\ar{dr}[swap]{p^\prime_j} \& \& \prod_{i\in I} X_i\ar{dl}{p_j} \\
                                   \& X_j.
    \end{tikzcd}
  6. Ein Objekt \(K\) von \(\mathscr C\) zusammen mit Abbildungen \(p\colon X\to K\), \(q\colon Y\to K\) heißt Koprodukt von \(X\) und \(Y\) in \(\mathscr C\), falls für alle Objekte \(T\) zusammen mit Abbildungen \(p^\prime \colon X\to T\), \(q^\prime \colon Y\to T\) ein eindeutig bestimmter Morphismus \(f\colon K\to T\) in \(\mathscr C\) existiert, so dass \(p^\prime =f\circ p\), \(q^\prime =g\circ q\). Das Koprodukt ist, sofern es existiert, eindeutig bestimmt bis auf eindeutigen Isomorphismus. Wir bezeichnen es mit \(X\coprod Y\).

    \begin{tikzcd} 
        T
        \\
        & K
        \ar[dashed]{lu}[swap]{f}
        & X\ar{l}{p}
        \arrow[bend right]{llu}[swap]{p^\prime}\\
        & Y\ar{u}{q}
        \arrow[bend left]{luu}{q^\prime}
        &
    \end{tikzcd}

    Entsprechend kann man das Koprodukt \(\coprod _{i\in I} X_i\) definieren.

    \begin{tikzcd} [ampersand replacement = \&]
    \coprod_{i\in I}V_i \ar[dashed]{rr}{f}\& \& W   \\
\& V_j.\ar{ul}{p_j}\ar{ur}[swap]{p^\prime_j}
                       \end{tikzcd}

Objekte \(X\), \(Y\) einer Kategorie \(\mathscr C\) heißen isomorph, wenn ein Isomorphismus \(X\to Y\) existiert. Wir schreiben dann \(X\cong Y\). Für Morphismen, die Isomorphismen sind, schreibt man manchmal auch \(\stackrel{\sim }{\smash {\longrightarrow }\rule{0pt}{0.4ex}}\) statt \(\to \).

Bemerkung 3.4
  1. Jeder Isomorphismus ist ein Monomorphismus und ein Epimorphismus. (Aber es gibt Kategorien, in denen Morphismen existieren, die Mono- und Epimorphismen sind, aber keine Isomorphismen!)

  2. Der Begriff des Koprodukts entsteht aus dem des Produkts durch »Umkehren alle Pfeile«.

Beispiel 3.5
  1. Sei \(\mathscr C\) die Kategorie der Mengen, der abelschen Gruppen oder allgemeiner der Moduln über einem Ring \(R\). Dann ist eine Abbildung genau dann ein Isomorphismus, wenn sie bijektiv ist; genau dann ein Monomorphismus, wenn sie injektiv ist; genau dann ein Epimorphismus, wenn sie surjektiv ist.

  2. Punkt (1) ist auch richtig für die Kategorie der Gruppen, es ist aber nicht so leicht zu zeigen, dass jeder Epimorphismus surjektiv ist.

  3. Der Ringhomomorphismus \(\mathbb Z\to \mathbb Q\) ist ein Epimorphismus in der Kategorie der Ringe, der nicht surjektiv ist. Zugleich ist er ein Monomorphismus, also ein Mono- und Epimorphismus, aber kein Isomorphismus.

  4. In der Kategorie der topologischen Räume gibt es Morphismen, die keine Isomorphismen, aber bijektive Abbildungen sind, siehe Beispiel 2.22, Bemerkung 2.21.

Beispiel 3.6
  1. In der Kategorie der Mengen existieren Produkte und Koprodukte für beliebige Indexmengen. Das Produkt in der Kategorie der Mengen ist das übliche kartesische Produkt. Das Koprodukt in der Kategorie der Mengen ist die disjunkte Vereinigung.

  2. Sei \(R\) ein Ring. In der Kategorie der \(R\)-Moduln existieren Produkte und Koprodukte für beliebige Indexmengen; siehe Definition 2.74.

  3. Sei \(\mathscr C\) die Kategorie der Körper (Objekte sind alle Körper, Morphismen sind Ringhomomorphismen). Seien \(k, k^\prime \) Körper unterschiedlicher Charakteristik. Dann existieren weder das Produkt von \(k\) und \(k^\prime \) noch das Koprodukt von \(k\) und \(k^\prime \) in \(\mathscr C\) (denn es gibt keinen Körper, der Homomorphismen sowohl nach \(k\) als auch nach \(k^\prime \) zulässt, und keinen Körper der Homomorphismen sowohl von \(k\) als auch von \(k^\prime \) zulässt).

  4. Sei \(K\) ein Körper. In der Kategorie der endlich-dimensionalen \(K\)-Vektorräume (Objekte sind alle endlich-dimensionalen \(K\)-Vektorräume, Morphismen sind lineare Abbildungen) existieren Produkte für endliche Indexmengen, jedoch (außer in trivialen Fällen) nicht für unendliche Indexmengen.

3.1.1 Funktoren

Ein zentraler Begriff der Kategorientheorie ist der des Funktors. Das ist sozusagen eine Abbildung zwischen zwei Kategorien \(\mathscr C\) und \(\mathscr D\), die einerseits jedem Objekt von \(\mathscr C\) ein Objekt von \(\mathscr D\) zuordnet, aber auch jedem Morphismus in \(\mathscr C\) einen Morphismus in \(\mathscr D\), so dass die »offensichtlichen« Verträglichkeiten erfüllt sind. Es gibt zwei Versionen des Funktorbegriffs (kovariant bzw. kontravariant), die beide nützlich sind.

Viele Konstruktionen in der Mathematik und speziell im Bereich der Algebra sind funktoriell, d.h. es handelt sich um Funktoren zwischen Kategorien. Eine unmittelbare Folgerung aus der Definition eines Funktors ist, dass unter einem Funktor Isomorphismen auf Isomorphismen abgebildet werden. Funktorielle Konstruktionen erhalten also Isomorphismen. Ein konkretes Beispiel: Ist \(K\) ein Körper und sind \(V\), \(W\) isomorphe \(K\)-Vektorräume, dann sind auch die Dualräume \(V^\vee \) und \(W^\vee \) isomorph.

Definition 3.7

Seien \(\mathscr C\), \(\mathscr D\) Kategorien. Ein (kovarianter) Funktor \(F\colon \mathscr C\to \mathscr D\) ist gegeben durch

  1. für jedes \(X\in \operatorname{Ob}\mathscr C\) ein Objekt \(F(X)\in \operatorname{Ob}\mathscr D\),

  2. für jedes \(f\in \operatorname{Hom}_{\mathscr C}(X, Y)\) ein Morphismus \(F(f)\in \operatorname{Hom}_{\mathscr D}(F(X), F(Y))\),

so dass

  1. \(F(\operatorname{id}_X) = \operatorname{id}_{F(X)}\) für alle \(X\in \operatorname{Ob}\mathscr C\),

  2. \(F(f\circ g) = F(f)\circ F(g)\) für alle Morphismen \(f\), \(g\) von \(\mathscr C\), so dass die Verkettung \(f\circ g\) existiert.

Ein kontravarianter Funktor \(F\colon \mathscr C\to \mathscr D\) ist gegeben durch

  1. für jedes \(X\in \operatorname{Ob}\mathscr C\) ein Objekt \(F(X)\in \operatorname{Ob}\mathscr D\),

  2. für jedes \(f\in \operatorname{Hom}_{\mathscr C}(X, Y)\) ein Morphismus \(F(f)\in \operatorname{Hom}_{\mathscr D}(F(Y), F(X))\),

so dass

  1. \(F(\operatorname{id}_X) = \operatorname{id}_{F(X)}\) für alle \(X\in \operatorname{Ob}\mathscr C\),

  2. \(F(f\circ g) = F(g)\circ F(f)\) für alle Morphismen \(f\), \(g\) von \(\mathscr C\), so dass die Verkettung \(f\circ g\) existiert.

Bemerkung 3.8

Aus der Notation \(F\colon \mathscr C\to \mathscr D\), so wie sie in der Definition oben eingeführt wurde, geht nicht hervor, ob es sich um einen kovarianten oder kontravarianten Funktor handelt. Wenn nichts dazugesagt wird, ist in aller Regel ein kovarianter Funktor gemeint. Wenn man diesen Unterschied auch symbolisch ausdrücken will, kann man sich folgendermaßen behelfen.

Für eine Kategorie \(\mathscr C\) sei \(\mathscr C^{\text{op}}\) die Kategorie, die dieselben Objekte wie \(\mathscr C\) hat, aber bei der bei allen Morphismen »die Richtung umgekehrt wird«, also \(\operatorname{Hom}_{\mathscr C^{\text{op}}}(X,Y):=\operatorname{Hom}_{\mathscr C}(Y,X)\) und entsprechend für die Verkettung. (Man nennt \(\mathscr C^{\text{op}}\) die zu \(\mathscr C\) duale Kategorie oder entgegengesetzte Kategorie, auf Englisch: opposite category.) Dann ist ein kontravarianter Funktor von \(\mathscr C\) nach \(\mathscr D\) dasselbe wie ein kovarianter Funktor \(\mathscr C^{\text{op}}\to \mathscr D\). Dann kann man also verabreden, mit dem Pfeil \(\to \) immer kovariante Funktoren zu bezeichnen, und die Kontravarianz gegebenenfalls dadurch zu notieren, dass der eigentliche »Definitionsbereich« durch seine duale Kategorie ersetzt wird.

Bemerkung 3.9

Funktoren bilden Isomorphismen auf Isomorphismen ab: Ist \(F\) ein Funktor und \(X\cong Y\), so gilt \(F(X)\cong F(Y)\).

Zu jeder Kategorie \(\mathscr C\) haben wir den Identitäsfunktor \(\operatorname{id}_{\mathscr C}\), der jedes Objekt und jeden Morphismus auf sich selbst abbildet. Zu Funktoren \(F\colon \mathscr C\to \mathscr D\) und \(G\colon \mathscr D\to \mathscr E\) können wir in offensichtlicher Weise die Verkettung oder Komposition \(G\circ F\colon \mathscr C\to \mathscr E\), die auf Objekten und auf Morphismen jeweils durch Verkettung der entsprechenden Abbildungen gegeben ist.

Beispiel 3.10
  1. (Vergissfunktoren) Wir haben offensichtliche Funktoren von der Kategorie der Moduln über einem Ring \(R\) in die Kategorie der abelschen Gruppen; von der Kategorie der abelschen Gruppen in die Kategorie der Mengen; von der Kategorie der topologischen Räume in die Kategorie der Mengen usw., die durch Vergessen eines Teils der Struktur (der Skalarmultiplikation; der Addition; der Topologie usw.) gegeben sind. Funktoren dieser Art heißen Vergissfunktoren.

  2. Sei \(K\) ein Körper. Der Funktor, der jeden \(K\)-Vektorraum auf seinen Dualraum und jede lineare Abbildung auf ihre duale Abbildung abbildet, ist ein kontravarianter Funktor von der Kategorie der \(K\)-Vektorräume in sich selbst.

Weitere Beispiele sehen wir weiter unten in diesem Abschnitt.

Definition 3.11

Sei \(\mathscr C\) eine Kategorie, und sei \(X\) ein Objekt von \(\mathscr C\).

  1. Der \(\operatorname{Hom}\)-Funktor \(\operatorname{Hom}_{\mathscr C}(X, \cdot )\) ist der kovariante Funktor von \(\mathscr C\) in die Kategorie der Mengen, der auf Objekten durch

    \[ Y\mapsto \operatorname{Hom}_{\mathscr C}(X, Y) \]

    und auf Morphismen durch

    \[ (f\colon Y\to Z) \mapsto (\operatorname{Hom}_{\mathscr C}(X, Y)\to \operatorname{Hom}_{\mathscr C}(X, Z),\ g\mapsto f\circ g) \]

    definiert ist.

  2. Der \(\operatorname{Hom}\)-Funktor \(\operatorname{Hom}_{\mathscr C}(\cdot , X)\) ist der kontravariante Funktor von \(\mathscr C\) in die Kategorie der Mengen, der auf Objekten durch

    \[ Y\mapsto \operatorname{Hom}_{\mathscr C}(Y, X) \]

    und auf Morphismen durch

    \[ (f\colon Y\to Z) \mapsto (\operatorname{Hom}_{\mathscr C}(Z, X)\to \operatorname{Hom}_{\mathscr C}(Y, X),\ g\mapsto g\circ f) \]

    definiert ist.

  3. Ist \(\mathscr C = (R\text{-Mod})\) die Kategorie der Moduln über einem Ring \(R\), so erhält man auf diese Weise Funktoren von \((R\text{-Mod})\to (R\text{-Mod})\).

3.1.2 Lokalisierung ist ein Funktor

Seien \(R\) ein Ring und \(S\subseteq R\) eine multiplikative Teilmenge. Wir definieren einen Funktor

\[ F\colon (R\text{-}\operatorname{Mod}) \to (S^{-1}R\text{-}\operatorname{Mod}) \]

durch \(F(M):= S^{-1}M\), und indem wir einen Homomorphismus \(f\colon M\to N\) auf

\[ F(f)\colon S^{-1}M \to S^{-1}N,\quad \frac ms\mapsto \frac{f(m)}s \]

abbilden. Wir schreiben auch \(S^{-1}f\) für \(F(f)\).

3.1.3 Basiswechsel ist ein Funktor

Sei \(R\to R^\prime \) ein Ringhomomorphismus. Wir definieren den Basiswechselfunktor

\[ (R\text{-}\operatorname{Mod}) \to (R^\prime \text{-}\operatorname{Mod}) \]

auf Objekten durch \(M\mapsto R^\prime \otimes _RM\) und auf Morphismen durch \((f\colon M\to N)\mapsto \operatorname{id}_{R^\prime }\otimes f\), mit

\[ \operatorname{id}_{R^\prime }\otimes f\colon R^\prime \otimes _RM \to R^\prime \otimes _RN,\quad x\otimes m\mapsto x\otimes f(m) \]

Der Lokalisierungsfunktor ist der Spezialfall dieses Funktors für den Ringhomomorphismus \(R\to S^{-1}R\).

3.1.4 Spektrum eines Rings als Funktor

Jedem Ring \(R\) sein Primspektrum \(\operatorname{Spec}(R)\) und jedem Ringhomomorphismus \(\varphi \colon R\to S\) die stetige Abbildung \(\varphi ^a\colon \operatorname{Spec}(S)\to \operatorname{Spec}(R)\) zuzuordnen (Abschnitt 3.1.4) definiert einen kontravarianten Funktor von der Kategorie der Ringe in die Kategorie der topologischen Räume.