Inhalt

E.3 Normalformen

E.3.1 Die Jordansche Normalform

Definition E.46

Für \(\lambda \in K\), \(r\ge 1\), bezeichne mit \(J_{r,\lambda }\in M_{r}(K)\) den Jordan-Block der Größe \(r\times r\) mit Diagonaleintrag \(\lambda \) (und Einsen direkt oberhalb der Diagonalen, Nullen sonst). Wir sagen, eine Matrix \(A\in M_{n}(K)\) habe Jordansche Normalform (JNF), falls \(r_1, \dots , r_k\ge 1\) und \(\lambda _1,\dots \lambda _k\in K\) existieren, so dass \(A = \operatorname{diag}(J_{r_1, \lambda _1}, \dots , J_{r_k, \lambda _k})\) (Block-Diagonalmatrix) ist.

Theorem E.47

Sei \(A\in M_{n}(K)\) eine Matrix, deren charakteristisches Polynom vollständig in Linearfaktoren zerfällt. Dann existieren \(S\in GL_n(K)\) und \(r_1, \dots , r_k\ge 1\), \(\lambda _1,\dots \lambda _k\in K\), so dass

\[ S A S^{-1} = \operatorname{diag}(J_{r_1, \lambda _1}, \dots , J_{r_k, \lambda _k}) \]

und die Paare \((r_1,\lambda _1), \dots , (r_k, \lambda _k)\) sind eindeutig bestimmt bis auf die Reihenfolge (auch die Vielfachheit, mit der ein Paar auftritt, ist eindeutig bestimmt).

Definition E.48

Sei \(f\in \operatorname{End}_K(V)\), sei \(\mu \) ein Eigenwert von \(f\), und sei \(m\) die Vielfachheit der Nullstelle \(\mu \) von \(\operatorname{minpol}_f\). Der Untervektorraum

\begin{equation} \tilde V_\mu := \bigcup _{i\ge 0} \operatorname{Ker}(f-\mu \operatorname{id})^i = \operatorname{Ker}(f-\mu \operatorname{id})^m \end{equation}
E.1

heißt der verallgemeinerte Eigenraum (oder: Hauptraum) von \(f\) zum Eigenwert \(\mu \).

Satz E.49

Seien \(K\) ein Körper, \(V\) ein endlichdimensionaler \(K\)-Vektorraum und \(f\colon V\to V\) ein Endomorphismus.

Sei \(\operatorname{minpol}_f = \zeta \cdot \xi \) eine Zerlegung in zueinander teilerfremde normierte Polynome \(\zeta , \xi \in K[X]\).

Dann sind \(U:=\operatorname{Ker}(\zeta (f))\) und \(W:=\operatorname{Ker}(\xi (f))\) invariante Untervektorräume von \(V\). Weiter gilt:

  1. \(U = \operatorname{Im}(\xi (f))\), \(W=\operatorname{Im}(\zeta (f))\),

  2. \(V = U\oplus W\),

  3. \(\operatorname{minpol}_{f_{|U}} = \zeta \), \(\operatorname{minpol}_{f_{|W}} = \xi \).

Aus diesem Satz ergibt sich im trigonalisierbaren Fall induktiv die Zerlegung in verallgemeinerte Eigenräume.

Satz E.50

Sei \(f\in \operatorname{End}(V)\), \(\chi =\operatorname{charpol}_f\), und \(\chi \) zerfalle vollständig in Linearfaktoren. Seien \(\mu _1, \dots , \mu _s\) die Eigenwerte von \(f\) (\(\mu _i\) paarweise verschieden). Sei \(\tilde V_i\) der verallgemeinerte Eigenraum von \(f\) zum Eigenwert \(\mu _i\).

Dann gilt \(V = \bigoplus _{i=1}^s \tilde V_i\) und \(\dim \tilde V_i = \operatorname{mult}_{\mu _i}(\operatorname{charpol}_f)\).

Satz E.51 Jordan-Zerlegung

Sei \(f\in \operatorname{End}(V)\) ein Endomorphismus, dessen charakteristisches Polynom vollständig in Linearfaktoren zerfällt. Dann existieren eindeutig bestimmte Endomorphismen \(D\) und \(N\) von \(V\) mit den folgenden Eigenschaften: \(D\) ist diagonalisierbar, \(N\) ist nilpotent,

\[ f = D+N, \qquad \text{und } D\circ N = N\circ D. \]

Ferner existieren Polynome \(p_d, p_n \in K[X]\) mit Absolutterm \(0\), so dass \(D=p_d(f)\), \(N=p_n(f)\).