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2.7 Moduln

Definition 2.64

Sei \(R\) ein Ring. Eine Menge \(M\) zusammen mit Verknüpfungen \(+\colon M\times M\to M\), \(\cdot \colon R\times M\to M\) heißt \(R\)-Modul, wenn gilt:

  1. \((M, +)\) ist eine abelsche Gruppe,

  2. für alle \(r, s\in R\), \(m\in M\) gilt: \((rs)\cdot m = r\cdot (s\cdot m)\),

  3. für alle \(r, s\in R\), \(m, n\in M\) gilt: \((r+s)m = rm + sm\), \(r(m+n) = rm+rn\),

  4. für alle \(m\in M\) gilt: \(1\cdot m = m\).

Definition 2.65

Sei \(R\) ein Ring. Eine Abbildung \(f\colon M\to N\) zwischen \(R\)-Moduln \(M\) und \(N\) heißt \(R\)-Modul-Homomorphismus, falls gilt:

\[ f(m+m') = f(m) + f(m'),\quad f(xm) = xf(m)\quad \text{für alle } m, m'\in M, x\in R. \]

Ein Isomorphismus zwischen \(R\)-Moduln ist ein Homomorphismus, der einen Umkehrhomomorphismus besitzt.

Für \(R\)-Moduln \(M, N\) trägt die Menge \(\operatorname{Hom}_R(M, N)\) aller \(R\)-Modul-Homomorphismen durch die Gruppenstruktur auf \(N\) die Struktur einer abelschen Gruppe (und sogar, induziert durch die \(R\)-Modulstruktur auf \(N\), die Struktur eines \(R\)-Moduls). Wie im Vektorraumfall überprüft man leicht, dass jeder bijektive Homomorphismus ein Isomorphismus ist.

Beispiel 2.66
  1. Sei \(R\) ein Ring. Der Modul \(\{ 0\} \) heißt der Nullmodul und wird auch einfach mit \(0\) bezeichnet.

  2. Ist \(R\) ein Körper, so ist ein \(R\)-Modul nichts anderes als ein \(R\)-Vektorraum, und ein \(R\)-Modul-Homomorphismus nichts anderes als ein \(R\)-Vektorraum-Homomorphismus.

  3. Sei \(R=\mathbb Z\) der Ring der ganzen Zahlen. Ist \(M\) eine additiv geschriebene abelsche Gruppe, dann gibt es eine eindeutig bestimmte Möglichkeit, eine Skalarmultiplikation \(\mathbb Z\times M\to M\) zu definieren, so dass \(M\) damit zu einem \(\mathbb Z\)-Modul wird. Es muss nämlich \(0m=0\), \(1m=m\), \(2m = (1+1)m = 1m+1m = m+m\), usw., gelten, und \((-1)m = -(1m) = -m\), so dass auch die Multiplikation mit negativen Zahlen festgelegt ist. Es ist nicht schwer zu überprüfen, dass damit tatsächlich die Modulaxiome erfüllt sind. Also ist ein \(\mathbb Z\)-Modul durch seine zugrundeliegende additive Gruppe schon eindeutig bestimmt. In diesem Sinne ist ein \(\mathbb Z\)-Modul »dasselbe« wie eine abelsche Gruppe.

  4. Sei \(R\) ein Ring. Dann ist \(R\) (mit der Ringaddition und der Ringmultiplikation als Skalarmultiplikation) ein \(R\)-Modul.

Bemerkung 2.67

Sei \(R\) ein Ring. Ist \(A\) eine \(R\)-Algebra (via \(\varphi \colon R\to A\)), so ist \(A\) ein Ring, und trägt gleichzeitig eine \(R\)-Modulstruktur, so dass die Ringaddition und die Moduladdition übereinstimmen, und die Ringmultiplikation und die Skalarmultiplikation verträglich sind: \(r(xy) = (rx)y = x(ry)\) für alle \(r\in R\), \(x, y\in A\): Wir definieren nämlich die Skalarmultiplikation durch \(r\cdot x := \varphi (r)x\), wobei auf der rechten Seite die Ringmultiplikation in \(A\) verwendet wird.

Ist andererseits \(A\) ein Ring, der gleichzeitig ein \(R\)-Modul ist, so dass die obigen Verträglichkeiten gelten, dann wird \(A\) durch \(\varphi \colon R\to A\), \(r\mapsto r\cdot 1\) zu einer \(R\)-Algebra.

Genauer sollte man die hier definierten Algebren als assoziative kommutative Algebren mit Eins bezeichnen. Andere Algebren kommen aber in diesem Skript nicht vor.

Definition 2.68

Seien \(R\) ein Ring und \(M\) ein \(R\)-Modul. Eine Teilmenge \(N\subseteq M\) heißt Untermodul, falls \(0\in N\) und \(N\) abgeschlossen ist unter Addition und unter Skalarmultiplikation mit Elementen aus \(R\).

Bemerkung 2.69

Weil \((-1)n = -n\) ist ein Untermodul stets abgeschlossen unter Bildung des additiven Inversen. Daher ist eine Teilmenge eines \(R\)-Moduls genau dann ein Untermodul, wenn sie mit den Einschränkungen von \(+\) und \(\cdot \) selbst ein \(R\)-Modul ist.

Die \(R\)-Untermoduln von \(R\) (Beispiel 2.66 (3)) sind genau die Ideale von \(R\). Ein \(\mathbb Z\)-Modul ist »dasselbe« wie eine abelsche Gruppe; unter dieser Entsprechung entsprechen sich die Begriffe von Modulhomomorphismus und Gruppenhomomorphismus, und die Begriffe von Untermodul und Untergruppe.

Definition 2.70

Sei \(R\) ein Ring. Ein \(R\)-Modul \(M\) heißt frei, wenn er eine Basis besitzt, d.h. wenn eine Familie \((b_i)_i\) von Elementen aus \(M\) existiert, so dass sich jedes \(m\in M\) in eindeutiger Weise als Linearkombination der \(b_i\) mit Koeffizienten in \(R\) schreiben lässt.

Über einem Körper sind alle Moduln frei: Das ist gerade der Satz, dass jeder Vektorraum eine Basis besitzt. Andererseits sind zum Beispiel die \(\mathbb Z\)-Moduln \(\left.\mathbb Z\middle /2\right.\) und \(\mathbb Q\) nicht frei.

Bemerkung 2.71

Sei \(R\) ein Ring.

  1. Der Ring \(R\) ist als \(R\)-Modul betrachtet frei.

  2. Sei \(M\) ein \(R\)-Modul. Der Durchschnitt von Untermoduln von \(M\) ist ein Untermodul.

  3. Sind \(R\) ein Ring, \(M\) ein \(R\)-Modul und ist \(X\subseteq M\) eine Teilmenge, so ist

    \[ \langle X\rangle _R := \bigcap _{N \subseteq M\ \text{Untermodul}, X\subseteq N} N = \left\{ \sum _{i=1}^n a_i x_i;\ n\ge 0, a_i \in R, x_i\in X \right\} \]

    der kleinste Untermodul von \(M\), der \(X\) enthält. Wir nennen \(\langle X\rangle _R\) den von \(X\) erzeugten Untermodul. Ist \(X = \{ x_1, \dots , x_n \} \), so schreiben wir \(\langle x_1, \dots , x_n\rangle _R := \langle X\rangle _R\). Ein Untermodul \(N\) heißt endlich erzeugt, wenn endlich viele Elemente \(x_1, \dots , x_n\in N\) existieren mit \(N=\langle x_1, \dots , x_n\rangle \).

  4. Sind \(N_\nu \subseteq M\) Untermoduln, so heißt der von \(\bigcup _\nu N_\nu \) erzeugte Untermodul die Summe der Untermoduln \(N_\nu \), in Zeichen \(\sum _\nu N_\nu \).

Definition 2.72

Sei \(R\) ein Ring, \(f\colon M\to N\) ein Homomorphismus von \(R\)-Moduln. Dann sind der Kern \(\operatorname{Ker}f:= f^{-1}(0)\) und das Bild \(\operatorname{Im}f:= f(M)\) von \(f\) Untermoduln von \(M\) bzw. von \(N\).

Definition 2.73

Sei \(R\) ein Ring. Sind \(M\), \(N\) Moduln über \(R\), so ist die Menge \(\operatorname{Hom}_R(M, N)\) aller \(R\)-Modul-Homomorphismen von \(M\) nach \(N\) ein \(R\)-Modul, indem wir Addition und Skalarmultiplikation von Funktionen durch die Modulstruktur auf \(N\) definieren:

\[ f+g\colon m\mapsto f(m)+g(m),\qquad af\colon m\mapsto a\, f(m)\qquad \text{für}\ f,g\in \operatorname{Hom}_R(M,N),\ a\in R,\ m\in M. \]

Definition 2.74

Sei \(R\) ein Ring, und sei \((M_i)_{i\in I}\) eine Familie von \(R\)-Moduln.

  1. Das kartesische Produkt \(\prod _i M_i\) ist mit komponentenweiser Addition und Skalarmultiplikation ein \(R\)-Modul, das (direkte) Produkt der \(M_i\). Das Produkt zusammen mit den Projektionen \(\pi _j\colon \prod _i M_i\to M_j\) erfüllt die folgende universelle Eigenschaft: Für alle \(R\)-Moduln \(T\) ist die Abbildung

    \[ \operatorname{Hom}_R(T, \prod _i M_i) \to \prod _i \operatorname{Hom}_R(T, M_i),\quad f\mapsto (\pi _i\circ f)_i, \]

    eine Bijektion.

  2. Die Teilmenge

    \[ \bigoplus _{i\in I} M_i := \{ (m_i)_i \in \prod _i M_i;\ m_i=0\ \text{ für alle bis auf endlich viele}\ i \} \]

    ist ein Untermodul von \(\prod _i M_i\) und heißt die direkte Summe der \(M_i\). Die direkte Summe zusammen mit den Inklusionen \(\iota _j\colon M_j\to \bigoplus _i M_i\) erfüllt die folgende universelle Eigenschaft: Für alle \(R\)-Moduln \(T\) ist die Abbildung

    \[ \operatorname{Hom}_R(\bigoplus M_i, T) \to \prod _i \operatorname{Hom}_R(M_i, T),\quad f\mapsto (f\circ \iota _i)_i, \]

    eine Bijektion.

  3. Ist speziell \(M_i = M\) für alle \(i\), so schreiben wir auch \(M^I := \prod _i M\), \(M^{(I)} := \bigoplus _i M\). Ist \(I = \{ 1, \dots n\} \), so schreiben wir \(R^n:= R^I\).

Ist die Indexmenge \(I\) in der Definition endlich, so stimmen direktes Produkt und direkte Summe überein. Wie erwähnt lassen sich direktes Produkt und direkte Summe durch universelle Eigenschaften charakterisieren, es handelt sich gerade um das Produkt und das Koprodukt in der Kategorie der \(R\)-Moduln, siehe Definition 3.3, Abschnitt LA2.18.1.

Lemma 2.75

Sei \(R\) ein Ring, \(M\) ein \(R\)-Modul. Der \(R\)-Modul \(M\) ist genau dann frei, wenn eine Menge \(I\) existiert, so dass \(M\cong R^{(I)}\). Der \(R\)-Modul \(M\) ist genau dann endlich erzeugt, wenn eine endliche Menge \(I\) und ein surjektiver \(R\)-Modul-Homomorphismus \(R^I\to M\) existieren.

Beweis

Sind \(I\) eine Menge und \(m_i\in M\), \(i\in I\), dann erhalten wir den \(R\)-Modul-Homomorphismus \(R^{(I)}\to M\), \((x_i)_i\mapsto \sum _{i\in I} x_im_i\). Sein Bild ist der von den \(m_i\) erzeugte Untermodul von \(M\), sein Kern ist die Menge aller Tupel \((x_i)_i\), für die die zugehörige Linearkombination der \(m_i\) den Wert \(0\) hat. Daraus folgen beide Aussagen des Lemmas.

2.7.1 Quotient eines Moduls nach einem Untermodul

Ist \(R\) ein Ring, \(M\) ein \(R\)-Modul und \(N\subseteq M\) ein Untermodul, so ist die abelsche Gruppe \(M/N\) in natürlicher Weise ein \(R\)-Modul (mit \(r(m+N) := (rm)+N\) als Skalarmultiplikation), und es gilt die offensichtliche Version des Homomorphiesatzes. Als Folgerung aus Lemma 2.75 und dem Homomorphiesatz erhalten wir die folgende Aussage.

Lemma 2.76

Ein \(R\)-Modul \(M\) ist genau dann endlich erzeugt, wenn \(n\ge 0\) und ein Untermodul \(N\subseteq R^n\) existieren mit \(M\cong R^n/N\).

2.7.2 Lokalisierung von Moduln

Ist \(R\) ein Ring, \(M\) ein \(R\)-Modul und \(S\subseteq R\) eine multiplikative Teilmenge, so kann man analog zur Lokalisierung von Ringen einen \(S^{-1}R\)-Modul \(S^{-1}M\) aller Brüche \(\frac ms\), \(m\in M\), \(s\in S\), konstruieren. Wie im Fall von Ringen sind die Brüche als Äquivalenzklassen von Paaren \((m,s)\) definiert und es gilt

\[ \frac ms = \frac{m'}{s'} \quad \Longleftrightarrow \quad \exists t\in S\colon t(s' m - s m') = 0. \]

Addition und Skalarmultiplikation sind durch die üblichen Bruchrechenregeln definiert:

\[ \frac ms + \frac{m'}{s'} = \frac{ms'+m's}{ss'},\qquad \frac rs \cdot \frac{m}{s'} = \frac{rm}{ss'}\qquad \text{für}\ r\in R,\ m, m'\in M,\ s, s'\in S. \]

In Analogie zu den Schreibweisen \(R_{\mathfrak p}\), \(R_f\) schreiben wir \(M_{\mathfrak p} = S^{-1}M\) im Fall \(S=R\setminus \mathfrak p\), \(\mathfrak p\in \operatorname{Spec}R\) und \(M_f := S^{-1}M\) für \(S = \{ 1, f, f^2, \dots \} \).

2.7.3 Das Lemma von Nakayama

Definition 2.77

Sind \(R\) ein Ring, \(\mathfrak a\subseteq R\) ein Ideal und \(M\) ein \(R\)-Modul, so sei

\[ \mathfrak a \cdot M := \langle am;\ a\in \mathfrak a, m\in M\rangle _R. \]

Wir schreiben auch einfach \(\mathfrak a M\) statt \(\mathfrak a\cdot M\). Dann induziert die \(R\)-Modul-Struktur auf \(M/\mathfrak a M\) in natürlicher Weise eine \(\left.R\middle /\mathfrak a\right.\)-Modul-Struktur.

Satz 2.78 Lemma von Nakayama

Sei \(R\) ein Ring, \(\mathfrak a \subseteq \mathop{\rm Jac}(R)\) ein Ideal von \(R\) und sei \(M\) ein endlich erzeugter \(R\)-Modul mit \(\mathfrak a M = M\). Dann gilt \(M=0\).

Beweis

Wir nehmen an, \(M\) sei nicht der Nullmodul und beginnen mit der folgenden

Behauptung. Es gibt einen Untermodul \(N\subset M\) und ein maximales Ideal \(\mathfrak m\subset R\), so dass \(M/N\cong R/\mathfrak m\) gilt.

Begründung. Wir führen Induktion nach der minimalen Anzahl \(n\) von Elementen eines Erzeugendensystems von \(M\). Wenn \(n=1\) ist, also \(M\) durch ein einziges Element erzeugt werden kann, dann gibt es einen surjektiven \(R\)-Modul-Homomorphismus \(R\to M\), also ist nach dem Homomorphiesatz \(M\cong \left.R\middle /\mathfrak a\right.\) für ein Ideal \(\mathfrak a\subset R\), das wegen \(M\ne 0\) ungleich \(R\) sein muss. Also ist \(\mathfrak a\) in einem maximalen Ideal von \(R\) enthalten (Satz 2.30), und daraus folgt die Behauptung, denn \((R/\mathfrak a)/(\mathfrak m/\mathfrak a)\cong R/\mathfrak m\).

Sei nun \(n {\gt} 1\) und \(m_1,\dots , m_n\in M\) ein Erzeugendensystem. Dann lässt sich \(\overline{M}:=M/\langle m_n\rangle _R\) durch die Restklassen von \(m_1, \dots , m_{n-1}\) erzeugen, wir können also auf \(\overline{M}\) die Induktionsvoraussetzung anwenden, und jeder Quotient von \(\overline{M}\) ist isomorph zu einem Quotienten von \(M\).

Aus der obigen Behauptung folgt nun leicht der Satz. In der Tat, wenn \(\mathfrak a M = M\) gilt, dann folgt auch \(\mathfrak a \overline{M} = \overline{M}\) für jeden Quotienten \(\overline{M}\) von \(M\). Aber aus \(\mathfrak a (R/\mathfrak m) = R/\mathfrak m\) folgt \(1\in \mathfrak a + \mathfrak m\), also \(\mathfrak a \not\subseteq \mathfrak m\) im Widerspruch zur Voraussetzung \(\mathfrak a\subseteq \operatorname{Jac}(R)\).

Alternativer Beweis. Etwas kürzer (aber vielleicht weniger »transparent«?) kann man so argumentieren. Sei \(m_1,\dots , m_n\) ein minimales Erzeugendensystem von \(M\) über \(R\). Wir wollen zeigen, dass \(n=0\) gilt (also, dass die leere Menge ein Erzeugendensystem ist). Sonst können wir \(m_n\in M=\mathfrak a M\) schreiben als

\[ m_n = a_1 m_1 + \cdots + a_n m_n,\quad a_i\in \mathfrak a, \]

also

\[ (1-a_n) m_n = \sum _{i=1}^{n-1} a_i m_i \in \langle m_1,\dots , m_{n-1}\rangle _R. \]

Aber weil \(a_n\in \mathfrak a\subseteq \operatorname{Jac}(R)\) gilt, ist \(1-a_n\) eine Einheit (Lemma 2.55), und es folgt \(m_n\in \langle m_1,\dots , m_{n-1}\rangle _R\) im Widerspruch zur Minimalität des gewählten Erzeugendensystems.

Für eine weitere Möglichkeit, den Beweis zu führen, siehe  [ AM ] Proposition 2.6.

Korollar 2.79

Sei \(R\) ein Ring, \(\mathfrak a \subseteq \operatorname{Jac}(R)\) ein Ideal von \(R\) und sei \(M\) ein endlich erzeugter \(R\)-Modul. Ist \(N\subseteq M\) ein Untermodul mit \(N + \mathfrak a M = M\), so gilt \(N=M\).

Beweis

Wir wenden das Lemma von Nakayama an auf den Quotienten \(\overline{M} := M/N\). Mit \(M\) ist auch \(\overline{M}\) endlich erzeugt und es gilt \(\mathfrak a \overline{M} = \overline{M}\), denn jedes \(m\in M\) lässt sich nach Voraussetzung als \(m=n+m'\) mit \(n\in N\), \(m'\in \mathfrak a M\) schreiben, im Quotienten gilt also \(m = m'\in \mathfrak a \overline{M}\).

Korollar 2.80

Sei \((R, \mathfrak m, k)\) ein lokaler Ring und \(M\) ein endlich erzeugter \(R\)-Modul. Dann ist der Quotient \(M/\mathfrak m M\) in natürlicher Weise ein (endlich erzeugter) Vektorraum über dem Restklassenkörper \(k\) von \(R\). Sind \(x_1, \dots , x_n\in M\) Elemente, deren Restklassen in \(M/\mathfrak m M\) ein Erzeugendensystem dieses \(k\)-Vektorraums bilden, so ist \(x_1, \dots , x_n\) ein Erzeugendensystem von \(M\).

Beweis

Nach dem vorherigen Korollar genügt es zu zeigen, dass \(\langle x_1, \dots , x_n\rangle _R + \mathfrak m M = M\) gilt, aber das ist klar nach Definition der \(x_i\).

Definition 2.81

Sei \(R\) ein Ring, \(M\) ein \(R\)-Modul, \(\mathfrak p\in \operatorname{Spec}R\). Dann heißt

\[ M(\mathfrak p) := M_{\mathfrak p}/\mathfrak pM_{\mathfrak p} \]

die Faser von \(M\) über \(\mathfrak p\). Dies ist ein Vektorraum über dem Restklassenkörper \(\kappa (\mathfrak p)\).

Wir können uns also einen \(R\)-Modul als eine (sehr spezielle) »Familie von Vektorräumen« vorstellen – für jeden Punkt aus \(\operatorname{Spec}R\) haben wir einen Vektorraum über seinem Restklassenkörper.

Satz 2.82

Sei \(M\) ein endlich erzeugter \(R\)-Modul, und seien \(\mathfrak p \subseteq \mathfrak p'\) Primideale von \(R\). Dann gilt \(\dim _{\kappa (\mathfrak p)} M(\mathfrak p) \le \dim _{\kappa (\mathfrak p')} M(\mathfrak p')\).

Beweisskizze

Indem wir zur Lokalisierung von \(R\) bezüglich \(\mathfrak p'\) übergehen, können wir ohne Einschränkung annehmen, dass \(R\) ein lokaler Ring mit maximalem Ideal \(\mathfrak p'\) ist. (Hier muss man ein paar Sachen nachprüfen. Dass diese Schritte hier nicht aufgeschrieben sind, ist der Grund, warum hier »Beweisskizze« steht.)

Im Fall, dass \(R\) ein lokaler Ring mit maximalem Ideal \(\mathfrak p'\) ist, können wir eine Basis von \(M(\mathfrak p')\) über \(\kappa (\mathfrak p')\) liften und erhalten ein Erzeugendensystem von \(M\), das aus \(\dim _{\kappa (\mathfrak p')} M(\mathfrak p')\) Elementen besteht. Die Restklassen dieser Elemente liefern uns dann ein Erzeugendensystem von \(M/\mathfrak p M\) als \(R/\mathfrak p\)-Modul. Daraus erhalten wir ein Erzeugendensystem von \(M(\mathfrak p)\) als \(\kappa (\mathfrak p)\)-Vektorraum. Daraus folgt die Behauptung.

Satz 2.83

Sei \(R\) ein Ring, \(M\) ein \(R\)-Modul. Betrachte die Eigenschaften

  1. \(M=0\).

  2. Für alle \(\mathfrak p\in \operatorname{Spec}R\) gilt \(M_{\mathfrak p} = 0\).

  3. Für alle \(\mathfrak m\in \operatorname{Spm}R\) gilt \(M_{\mathfrak m} = 0\).

  4. Für alle \(\mathfrak m\in \operatorname{Spm}R\) gilt \(M({\mathfrak m}) = 0\).

Dann sind (i), (ii), (iii) äquivalent und implizieren (iv). Ist \(M\) endlich erzeugt über \(R\), so sind alle vier Eigenschaften äquivalent.

Beweis

Die Implikationen (i) \(\Rightarrow \) (ii) \(\Rightarrow \) (iii) \(\Rightarrow \) (iv) sind klar. Ist \(M\) endlich erzeugt, dann folgt (iv) \(\Rightarrow \) (iii) aus dem Lemma von Nakayama. Es bleibt also noch (iii) \(\Rightarrow \) (i) zu zeigen. Sei dazu \(M\ne 0\), sagen wir \(m\in M\setminus \{ 0\} \). Die Abbildung \(R\to M\), \(a\mapsto am\) faktorisiert über einen injektiven \(R\)-Modul-Homomorphismus \(\left.R\middle /\mathfrak a\right.\to M\) für ein Ideal \(\mathfrak a \subsetneq R\). Mit anderen Worten: Das Ideal

\[ \mathfrak a = \{ a\in R;\ am = 0 \} \]

ist der sogenannte Annihilator von \(m\). Sei \(\mathfrak m\) ein maximales Ideal von \(R\), das \(\mathfrak a\) enthält. Wäre \(\frac m1 = 0 \in M_{\mathfrak m}\), dann gäbe es \(s\in R\setminus \mathfrak m\) mit \(sm =0\), ein Widerspruch. Also ist die Lokalisierung \(M_{\mathfrak m}\) nicht der Nullmodul.

Bemerkung 2.84

Die Implikation (iv) \(\Rightarrow \) (iii) gilt (im allgemeinen) nicht, wenn man die Voraussetzung, dass \(M\) endlich erzeugt sei, fallenlässt. Ein Beispiel ist der \(\mathbb Z\)-Modul \(\mathbb Q/\mathbb Z\). (Überlegen Sie sich, warum …)

Bemerkung 2.85

Manchmal ist die folgende etwas allgemeinere Version des Lemmas von Nakayama nützlich. Sei \(R\) ein Ring, \(M\) ein endlich erzeugter \(R\)-Modul und \(\mathfrak a\subseteq R\) ein Ideal mit \(\mathfrak a M = M\). Dann existiert ein Element \(a\in \mathfrak a\), so dass \(am=m\) für alle \(m\in M\) gilt. (Überlegen Sie sich, dass daraus die Version von Satz 2.78 folgt.) Die andere Implikation ist ein bisschen aufwändiger; vielleicht als Hausaufgabe.