17.6 Die rationale Normalform *
Wenn der Grundkörper \(K\) nicht algebraisch abgeschlossen ist, dann ist nicht jede quadratische Matrix über \(K\) trigonalisierbar. In diesem Fall ist es nützlich, andere »Normalformen« als die Jordansche Normalform zu betrachten. Es ist klar, dass diese im allgemeinen keine Dreiecksform haben können. Es ist aber immer möglich, eine gegebene Matrix zu einer Block-Diagonalmatrix zu konjugieren, deren Blöcke Begleitmatrizen sind. Wir wollen das in diesem Abschnitt ein bisschen präzisieren, aber nicht beweisen.
Wir sprechen wieder über Endomorphismen statt über Matrizen. Sei also \(V\) ein endlichdimensionaler \(K\)-Vektorraum und \(f\colon V\to V\) ein Endomorphismus. Sei \(\mu = \operatorname{minpol}_f\), \(\chi =\operatorname{charpol}_f\) und seien
und
die Zerlegungen in irreduzible Polynome in \(K[X]\), d.h. es seien \(p_1, \dots , p_r\) normiert, irreduzibel und paarweise verschieden und \(1\le m_i\le n_i\) für alle \(i\). (Wir benutzen hier, dass ein irreduzibles Polynom genau dann \(\mu \) teilt, wenn es \(\chi \) teilt.
Mit Satz 17.13 und Satz 17.14 erhalten wir eine Zerlegung von \(V\) als direkte Summe \(V = \bigoplus _{i=1}^r V_i\) von \(f\)-invarianten Unterräumen, so dass für alle \(i\) die Einschränkung von \(f\) auf \(V_i\) Minimalpolynom \(p_i^{m_i}\) und charakteristisches Polynom \(p_i^{n_i}\) hat. Insbesondere gilt \(\dim V_i = \deg (p_i^{n_i}) = n_i\deg (p_i)\). Um diese Zerlegung zu erhalten, ist es nicht erforderlich, weitere Wahlen zu treffen, sie ist durch \(f\) eindeutig bestimmt.
Indem wir die einzelnen Summanden dieser Zerlegung einzeln behandeln, können wir im folgenden annehmen, dass \(\operatorname{minpol}_f\) und \(\operatorname{charpol}_f\) Potenzen eines einzigen irreduziblen Polynoms \(p\) sind.
Die wesentliche Arbeit beim Beweis der Existenz der unten angegebenen »rationalen Normalform« besteht darin, den folgenden Satz zu zeigen:
Der Vektorraum \(V\) lässt sich als eine direkte Summe von \(f\)-zyklischen Untervektorräumen schreiben.
Insgesamt kann man dann das folgende Theorem beweisen, das eine Normalform für Endomorphismen angibt, ohne dass man die Trigonalisierbarkeit annehmen muss.
Seien \(K\) ein Körper und \(V\) ein endlichdimensionaler \(K\)-Vektorraum. Sei \(f\in \operatorname{End}_K(V)\), und sei
die Zerlegung in ein Produkt irreduzibler normierter Polynome (\(p_i\in K[X]\) paarweise verschieden). Dann existieren für jedes \(i\in \{ 1,\dots , s\} \) natürliche Zahlen \(r_{i,1}\ge r_{i,2} \ge \cdots \) mit \(\sum _j r_{i,j} = n_i\) und eine Basis \(\mathscr B\) von \(V\), so dass
eine Diagonal-Blockmatrix ist, und für jedes \(i\) die Matrix \(A_i\in M_{N_i}(K)\), \(N_i:= n_i\deg p_i\), selbst eine Diagonal-Blockmatrix ist, die zusammengesetzt ist aus den Begleitmatrizen der Polynome \(p_i^{r_{i,1}}\), \(p_i^{r_{i, 2}}\), …. Dabei sind die \(p_i\) als die normierten irreduziblen Teiler von \(\operatorname{charpol}_f\) bis auf ihre Reihenfolge eindeutig und die Zahlen \(r_{i,j}\) eindeutig bestimmt.
Für alle \(i\) ist \(p_i\) ein Teiler von \(\operatorname{minpol}_f\), und \(p_i^{r_{i,1}}\) ist die maximale Potenz von \(p_i\), die \(\operatorname{minpol}_f\) teilt, genauer gilt:
Siehe Abschnitt 18.7, insbesondere Abschnitt 18.7.6 für einen konzeptionellen Beweis, der allerdings einen weiteren Ausbau der Ringtheorie erfordert. Siehe auch [ Zi ] Kapitel 7.4 für einen direkteren Zugang.