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17.5 Die Jordan-Zerlegung

Oft ist es ausreichend, anstelle der genauen Jordanschen Normalform die sogenannte Jordan-Zerlegung zur Verfügung zu haben, die es erlaubt, eine trigonalisierbare Matrix als die Summe einer diagonalisierbaren und einer nilpotenten Matrix zu schreiben, die zudem miteinander kommutieren. Besonders nützlich ist die Aussage des folgenden Satzes wegen der Eindeutigkeit dieser Zerlegung.

Satz 17.25 Jordan-Zerlegung

Seien \(K\) ein Körper und \(V\) ein endlichdimensionaler \(K\)-Vektorraum. Sei \(f\in \operatorname{End}(V)\) ein trigonalisierbarer Endomorphismus.

Dann existieren eindeutig bestimmte Endomorphismen \(D\) und \(N\) von \(V\) mit den folgenden Eigenschaften: \(D\) ist diagonalisierbar, \(N\) ist nilpotent,

\[ f = D+N, \qquad \text{und}\qquad D\circ N = N\circ D. \]

Ferner existieren Polynome \(p_d, p_n \in K[X]\) mit Absolutterm \(0\), so dass \(D=p_d(f)\), \(N=p_n(f)\).

Beweis

Seien \(\lambda _1, \dots , \lambda _r\) die paarweise verschiedenen Eigenwerte von \(f\). Sei \(V = \bigoplus _{i=1}^r \tilde V_{\lambda _i}\) die Zerlegung in verallgemeinerte Eigenräume und \(\operatorname{minpol}_f = \prod _{i=1}^r (X-\lambda _i)^{m_i}\). Mit dem Chinesischen Restsatz, Satz 15.61, finden wir ein Polynom \(p_d\), so dass

\[ p_d \equiv \lambda _i \mod (X-\lambda _i)^{m_i},\ i=1,\dots , s,\quad p_d \equiv 0 \mod X. \]

Man beachte, dass die letzte Bedingung aus den vorherigen folgt, falls \(0\) ein Eigenwert von \(f\) ist, und dass ansonsten \(X\) mit allen \((X-\lambda _i)^{m_i}\) teilerfremd ist.

Dann gilt \(p_d(f)_{|\tilde V_{\lambda _i}} = \lambda _i\operatorname{id}\) für alle \(i\), also ist \(D:=p_d(f)\) diagonalisierbar. Andererseits sei \(p_n := X-p_d\) und \(N:=p_n(f)\). Dann hat \(N_{|\tilde V_{\lambda _i}}\) nur den Eigenwert \(0\), ist daher nilpotent, also ist \(N\) nilpotent. Offenbar gilt \(D\circ N=N\circ D\), da sich \(D\) und \(N\) als Polynome in \(f\) ausdrücken lassen.

Eindeutigkeit. Sei \(f=D+N\) die soeben konstruierte Zerlegung und \(f = D'+N'\) eine weitere. Wir zeigen \(D=D'\), \(N=N'\). Auch wenn wir nicht voraussetzen, dass sich \(D'\) und \(N'\) als Polynome in \(f\) schreiben lassen, gilt das, wie wir gesehen haben, für \(D\) und \(N\) und es folgt, dass \(f\), \(D\), \(N\), \(D'\), \(N'\) alle miteinander kommutieren. Insbesondere ist in der Gleichung

\[ D-D' = N'-N \]

die linke Seite diagonalisierbar und die rechte Seite nilpotent. Es folgt \(D-D'=0=N'-N\), wie gewünscht.

Bemerkung 17.26

Um den Satz über die Jordan-Zerlegung ohne die Eindeutigkeitsaussage und ohne die Aussage, dass sich \(D\) und \(N\) als Polynome in \(f\) ausdrücken lassen, zu beweisen, kann man elementarer vorgehen: Man definiere \(D\) als die eindeutig bestimmte Abbildung mit \(D_{|\tilde V_{\lambda _i}} = \lambda _i\operatorname{id}_{\tilde V_{\lambda _i}}\) und setze \(N = f-D\). Es lässt sich dann leicht prüfen, dass \(D\) diagonalisierbar und \(N\) nilpotent ist und dass \(DN=ND\) gilt.

Alternativ kann man natürlich auch benutzen, dass \(A\) zu einer Matrix \(B\) in Jordanscher Normalform konjugiert ist. Wie sieht die Jordan-Zerlegung für \(B\) aus?

Ein entsprechendes Ergebnis hat man natürlich für trigonalisierbare Matrizen. Eine andere Variante, die manchmal nützlich ist, ist die multiplikative Jordan-Zerlegung.

Ergänzung 17.27 Die multiplikative Jordan-Zerlegung

Sei \(K\) ein Körper und \(V\) ein endlichdimensionaler Vektorraum über \(K\). Ist \(f\colon V\to V\) ein trigonalisierbarer Automorphismus von \(V\), dann existieren eindeutig bestimmte Automorphismen \(U\) und \(D\) von \(V\), so dass gilt:

  1. \(D\) ist diagonalisierbar,

  2. \(U\) ist trigonalisierbar mit \(1\) als einzigem Eigenwert,

  3. \(A=U\circ D =D\circ U\).

Beweis

Übung. (Das Ergebnis lässt sich leicht aus der additiven Jordan-Zerlegung folgern.)