Inhalt

5 Bilinearformen, euklidische und unitäre Vekorräume

Referenz: [Bosch, Lineare Algebra, Kapitel 7].

Motivation: Länge von Vektoren, Abstand, Winkel zwischen zwei Vektoren in $\mathbb R^2$, $\mathbb R^n$. Nullstellenmengen quadratischer Formen, Kegelschnitte, Hauptachsentransformation. (Siehe auch die Einleitung zu Kapitel 7 in [Bosch, Lineare Algebra], und [Fischer, Lernbuch Lineare Algebra und Analytische Geometrie].)

Alle in diesem Kapitel auftretenden Vektorräume seien endlich-dimensional.

5.1 Bilinearformen und Sesquilinearformen

15.6.

Erinnerung: Multilineare, bilineare Abbildungen (vgl. LA 1). Bezeichne mit $\mathop{\rm Bil(V\times W, U)}$ den $K$-Vektorraum aller bilinearen Abbildungen $V\times W\rightarrow U$.

Definition 5.1

Sei $K$ ein Körper, sei $V$ ein $K$-Vektorraum. Eine Bilinearform auf $V$ ist eine bilineare Abbildung $\beta \colon V\times V\rightarrow K$, d.h. eine Abbildung $\beta \colon V\times V\rightarrow K$, so dass für alle $v\in V$ die Abbildungen

\[ V\rightarrow V,\ w \mapsto \beta (v,w), \quad \text{ und }\quad V\rightarrow V,\ w\mapsto \beta (w,v), \]

Vektorraumendomorphismen von $V$ sind.

Eine Bilinearform $\beta $ heißt symmetrisch, wenn $\beta (v,w)=\beta (w,v)$ für alle $v,w\in V$ gilt.

Eine Bilinearform $\beta $ heißt nicht-ausgeartet, wenn für alle $v\in V$ die folgenden beiden Bedingungen erfüllt sind:

\[ \text{falls}\ \beta (v,w)=0\ \text{für alle}\ w\in W, \text{so gilt}\ v= 0, \]

und

\[ \text{falls}\ \beta (w,v)=0\ \text{für alle} w\in W, \text{so gilt}\ v= 0. \]

Auch wenn der Begriff der Bilinearform über beliebigen Körpern von Interesse ist, werden wir im folgenden den Fall $K=\mathbb R$ in das Zentrum unserer Betrachtungen stellen. Allerdings ist es sinnvoll, auch den Körper $\mathbb C$ miteinzubeziehen. Hier ist allerdings der zentrale Begriff nicht der der Bilinearform (jedenfalls von unserem Standpunkt aus — konkret zum Beispiel deswegen, weil wir “Skalarprodukte”, siehe unten, nutzen wollen, um einem Vektor in $V$ seine Länge zuordnen wollen), sondern der in der folgenden Definition beschriebene Begriff der Sesquilinearform. Wir bezeichnen mit $\overline{\alpha }$ das komplex Konjugierte einer komplexen Zahl $\alpha \in \mathbb C$.

Definition 5.2

Sei $V$ ein $\mathbb C$-Vektorraum. Eine Sesquilinearform ist eine Abbildung $\beta \colon V\times V\rightarrow \mathbb C$, für die gilt:

  • Für alle $v, w, w’\in V$ gilt

    \[ \beta (v,w+w’)=\beta (v,w)+\beta (v,w’) \quad \text{ und }\quad \beta (w+w’,v)=\beta (w,v)+\beta (w’,v). \]
  • Für alle $v,w\in V$, $\alpha \in \mathbb C$ gilt:

    \[ \beta (\alpha v,w)=\alpha \beta (v,w),\qquad \beta (v,\alpha w)=\overline{\alpha }\beta (v,w). \]

Eine Sesquilinearform $\beta $ heißt hermitesch, wenn für alle $v,w\in V$ gilt:

\[ \beta (v,w) = \overline{\beta (w,v)}. \]

Eine Sesquilinearform $\beta $ heißt nicht-ausgeartet, wenn für alle $v\in V$ die folgenden beiden Bedingungen erfüllt sind:

\[ \text{falls } \beta (v,w)=0\text{für alle} w\in W, \text{so gilt}\ v= 0, \]

und

\[ \text{falls } \beta (w,v)=0\text{für alle} w\in W, \text{so gilt}\ v= 0. \]

Weil $\overline{\alpha }=\alpha $ für alle $\alpha \in \mathbb R$ erhalten wir aus der Definition einer Sesquilinearform für $\mathbb R$ als Grundkörper den Begriff der Bilinearform zurück; eine hermitesche Form entspricht gerade einer symmetrischen Bilinearform. Wir können und werden in der Regel beide Fälle simultan abhandeln.

Für eine komplexe Zahl $\alpha \in \mathbb C$ verwenden wir die Notation $\alpha > 0$ mit der Bedeutung “$\alpha \in \mathbb R$ und $\alpha > 0$”. Beachte, dass für eine hermitesche Form $\beta $ auf $V$ und $v\in V$ stets gilt: $\beta (v,v)\in \mathbb R$.

Oft schreiben wir eine BLF/SLF auch einfach als $(\cdot ,\cdot )$, d.h. der Wert der Form für Vektoren $v,w$ wird mit $(v,w)\in K$ bezeichnet.

Wir fixieren nun als Grundkörper $\mathbb K$ den Körper der reellen Zahlen oder den Körper der komplexen Zahlen. Wir bezeichnen mit $\mathop{\rm SLF}(V)$ den $\mathbb K$-Vektorraum aller Sesquilinearformen auf $V$. (Im Fall $\mathbb K=\mathbb R$ wollen wir darunter einfach den $\mathbb R$-Vektorraum aller Bilinearformen verstehen.)

Definition 5.3

Sei $V$ ein endlich-dimensionaler $\mathbb K$-Vektorraum. Eine sBF/HF $\beta $ auf $V$ heißt positiv definit, wenn für alle $v\in V\setminus \{ 0\} $ gilt: $\beta (v,v)>0$. Die Form $\beta $ heißt positiv semidefinit, wenn für alle $v\in V$ gilt: $\beta (v,v)\ge 0$. Entsprechend: negativ (semi-) definit.

Eine positiv definite sBF/HF heißt auch Skalarprodukt auf $V$. Ein endlich-dimensionaler $\mathbb R$-Vektorraum zusammen mit einem Skalarprodukt heißt euklidischer Vektorraum, ein endlich-dimensionaler $\mathbb C$-Vektorraum mit einem Skalarprodukt heißt unitärer Vektorraum.

Beispiel 5.4

Standard-Skalarprodukt auf $\mathbb K^n$.

Satz 5.5 Schwarzsche Ungleichung

Sei $(\cdot , \cdot )$ eine positiv semi-definite sBF/HF auf dem $\mathbb K$-Vektorraum $V$. Dann gilt für alle $v,w\in V$:

\[ | (v,w) |^2 \le (v,v)(w,w). \]

Ist die gegebene Form sogar positiv definit, so gilt in der Ungleichung genau dann $=$, wenn $v$ und $w$ linear abhängig sind.

Korollar 5.6

Sei $(\cdot , \cdot )$ eine positiv semi-definite sBF/HF auf $V$. Dann ist $(\cdot , \cdot )$ nicht ausgeartet genau dann, wenn $(\cdot , \cdot )$ positiv definit ist.

Definition 5.7

Sei $V$ ein euklidischer/unitärer Vektorraum mit Skalarprodukt $(\cdot , \cdot )$ (oder allgemeiner ein $\mathbb K$-Vektorraum mit einer positiv semi-definiten sBF/HF). Dann definieren wir die Länge eines Vektors $v\in V$ als

\[ | v | := \sqrt{(v,v)}. \]

(Beachte, dass $(v,v)\in \mathbb R_{\ge 0}$. Unter der Quadratwurzel verstehen wir die eindeutig bestimmte nicht-negative Quadratwurzel.)

Korollar 5.8 Dreiecksungleichung

Sei $V$ ein euklidischer/unitärer Vektorraum mit Skalarprodukt $(\cdot , \cdot )$. Für alle $v,w\in V$ gilt

\[ |v+w | \le |v| + |w|. \]

Definition 5.9
  1. Sei $V$ ein euklidischer/unitärer Vektorraum mit Skalarprodukt $(\cdot , \cdot )$. Wir nennen Vektoren $v,w\in V$ orthogonal zueinander, wenn $(v,w)=0$.

  2. Sei $V$ ein euklidischer Vektorraum mit Skalarprodukt $(\cdot , \cdot )$. Der Winkel zwischen zwei Vektoren $v,w\in V$ ist die eindeutig bestimmte reelle Zahl $\vartheta \in [0,2\pi )$, für die gilt

    \[ \cos \vartheta = \frac{(x,y)}{|x|\cdot |y|}. \]

$\bullet $ Kann man auch für Bilinearformen auf einem $\mathbb C$-Vektorraum den Begriff positiv definit sinnvoll definieren?

$\bullet $ Begründe anhand einer geometrischen Veranschaulichung, warum die Dreiecksungleichung Dreiecksungleichung heißt.

$\bullet $ Diskutiere die Definition des Winkels zwischen zwei Vektoren anhand der elementaren Definition des Cosinus als Quotient der Längen von Ankathete und Hypotenuse in einem rechtwinkligen Dreieck.

5.2 Existenz von Orthonormalbasen

20.6.

Definition 5.10

Sei $(V, (\cdot , \cdot ))$ ein euklidischer/unitärer Vektorraum. Eine Familie $v_1,\dots , v_n\in V$ heißt Orthogonalsystem, falls $v_i\ne 0$ für alle $i$ und für alle $i\ne j$ gilt: $(v_i,v_j)=0$. Gilt zusätzlich $|v_i|=1$ für alle $i$, so bezeichnet man die Familie auch als $\emph{Orthonormalsystem}$.

Sofern die $v_i$ eine Basis von $V$ bilden, spricht man auch von einer Orthogonalbasis bzw. Orthonormalbasis.

Beispiel 5.11

$\mathbb K^n$ mit Standard-Skalarprodukt. Dann bildet die Standardbasis eine Orthonormalbasis.

Lemma 5.12

Sei $(V, (\cdot , \cdot ))$ ein euklidischer/unitärer Vektorraum und sei $v_1,\dots , v_n\in V$ ein Orthogonalsystem. Dann sind $v_1,\dots , v_n$ linear unabhängig.

Satz 5.13 Gram-Schmidtsches Orthonormalisierungsverfahren

Sei $(V, (\cdot , \cdot ))$ ein euklidischer/unitärer Vektorraum und sei $\mathscr B=(b_1,\dots , b_n)$ eine Basis von $V$. Dann existiert eine Orthonormalbasis $v_1,\dots , v_n$ von $V$, für die außerdem gilt:

  1. $V_i:=\langle v_1,\dots , v_i \rangle = \langle b_1,\dots , b_i\rangle $ für alle $i$,

  2. Für alle $i$ gilt mit $\mathscr B_i = (b_1,\dots , b_i)$, $\mathscr C_i = (v_1,\dots , v_i)$:

    \[ \det M^{\mathscr B_i}_{\mathscr C_i}(\mathop{\rm id}\nolimits _{V_i}) \in \mathbb R_{>0} \]

Durch diese Bedingungen sind $v_1,\dots , v_n$ eindeutig bestimmt, und zwar gilt

\[ v_i = \frac{v_i'}{|v_i'|}\quad \text{ mit } \quad v’_i = b_i - \sum _{k=1}^{i-1} (b_i, v_k) v_k. \]

Definition 5.14

Sei $(V, (\cdot , \cdot ))$ ein euklidischer/unitärer Vektorraum. Sei $U\subseteq V$ ein Untervektorraum. Dann heißt

\[ U^\perp := \{ v\in V;\ \forall u\in U:\ (u,v)=0 \} \]

das orthogonale Komplement von $U$ in $V$.

Satz 5.15

Sei $(V, (\cdot , \cdot ))$ ein euklidischer/unitärer Vektorraum, und $U\subseteq V$ ein Untervektorraum. Dann gilt $V= U\oplus U^\perp $, also insbesondere $\dim U^\perp = \dim V - \dim U$. Ferner ist $(U^\perp )^\perp = U$.

5.3 Bi-/Sesquilinearformen und Matrizen

22.6.

Notation. Für eine Matrix $A=(a_{ij})_{i,j}\in M_{m\times n}(K)$ bezeichnen wir wie üblich mit $A^t:=(a_{ji})_{i,j}\in M_{n\times m}(K)$ die transponierte Matrix, mit $\overline{A}:=(\overline{a_{ij}})_{i,j}\in M_{m\times n}(K)$ die “komplex konjugierte” Matrix, und mit $A^*:=\overline{A}^t$ die sogenannte adjungierte Matrix. 1 Entsprechende Bezeichnungen verwenden wir für Elemente von $K^n$ (d.h. für $(n\times 1)$-Matrizen). Eine quadratische Matrix $A$ heißt symmetrisch, falls $A= A^t$ und hermitesch, falls $A=A^*$.

Satz 5.16

Sei $V$ ein endlich-dimensionaler $\mathbb K$-Vektorraum und $\mathscr B = (b_1,\dots , b_n)$ eine Basis von $V$. Die Abbildung

\[ \mathop{\rm SLF}(V) \rightarrow M_{n\times n}(K),\quad \beta \mapsto M_{\mathscr B}(\beta ):=(\beta (b_i, b_j))_{i,j} \]

ist ein Isomorphismus von $\mathbb K$-Vektorräumen. Ferner gilt:

  1. Bezeichne $c_{\mathscr B}\colon V\rightarrow \mathbb K^n$ die Koordinatenabbildung. Dann gilt für alle $\beta $, $v,w\in V$:

    \[ \beta (v,w) = c_{\mathscr B}(v)^t\, M_{\mathscr B}(\beta )\, \overline{c_{\mathscr B}(w)} \]
  2. Eine Form $\beta $ ist genau dann symmetrisch/hermitesch, falls $M_{\mathscr B}(\beta )$ symmetrisch/hermitesch ist.

  3. Eine Form $\beta $ ist genau dann nicht-ausgeartet, wenn $M_{\mathscr B}(\beta )$ invertierbar ist.

Die Matrix $M_{\mathscr B}(\beta )$ heißt die Strukturmatrix der Form $\beta $ (bezüglich der Basis $\mathscr B$).

Satz 5.17 Basiswechsel

Sei $V$ ein endlich-dimensionaler $\mathbb K$-Vektorraum und seien $\mathscr B = (b_1,\dots , b_n)$, $\mathscr C=(c_1,\dots , c_n)$ Basen von $V$. Sei $\beta $ eine Bilinear-/Sesquilinearform auf $V$. Dann gilt

\[ M_{\mathscr B}(\beta ) = (M^{\mathscr B}_{\mathscr C})^t M_{\mathscr C}(\beta ) \overline{M^{\mathscr B}_{\mathscr C}} \]

Satz 5.18

Sei $V$ ein endlich-dimensionaler $\mathbb K$-Vektorraum mit Basis $b_1,\dots , b_n$ und $\beta $ eine symmetrische Bilinearform / Hermitesche Form auf $V$. Dann gilt: $\beta $ ist genau dann positiv definit, wenn für alle $r=1,\dots , n$

\[ \det (\beta (b_i,b_j))_{i=1,\dots , r,\ j=1,\dots , r} > 0. \]

$\bullet $ Zeigen Sie, dass eine SLF, für die eine Orthonormalbasis existiert, notwendigerweise ein Skalarprodukt ist.

$\bullet $ Was heißt es für die Strukturmatrix $M_{\mathscr B}(\beta )$ eines Skalarprodukts $\beta $, dass $\mathscr B$ eine Orthonormalbasis ist?

$\bullet $ Geben Sie ein zu Satz 5.18 analoges Kriterium für den Begriff negativ definit. (Die Formulierund ist nicht völlig offensichtlich. Beginnen Sie mit dem Beispiel der durch die Matrix $-E_n$ gegebenen negativ definiten SLF auf $\mathbb K^n$.) Wie ist es mit positiv/negativ semidefiniten Formen?

5.4 Die adjungierte Abbildung

27.6.

Satz 5.19

Sei $V$ ein endlich-dimensionaler $\mathbb K$-Vektorraum mit einer nicht-ausgearteten Sesquilinearform $(\cdot ,\cdot )$. Sei $f\in \mathop{\rm End}\nolimits _{\mathbb K}(V)$. Dann existiert ein eindeutig bestimmter Endomorphismus $g$ von $V$, so dass für alle $v, w\in V$ gilt:

\[ (f(v), w) = (v, g(w)). \]

Es heißt $g$ die zu $f$ adjungierte Abbildung; wir bezeichnen die adjungierte Abbildung zu $f$ in der Regel mit $f^*$.

Satz 5.20

Sei $V$ ein euklidischer/unitärer $\mathbb K$-Vektorraum mit Skalarprodukt $(\cdot ,\cdot )$, und $f\in \mathop{\rm End}\nolimits _{\mathbb K}(V)$. Ist $\mathscr B$ eine Orthonormalbasis von $V$, so gilt $M_{\mathscr B}^{\mathscr B}(f^*)=M_{\mathscr B}^{\mathscr B}(f)^*$.

29.6.

Satz 5.21

Sei $V$ ein endlich-dimensionaler $\mathbb K$-Vektorraum mit einer nicht-ausgearteten symm. BLF/Hermiteschen Form $(\cdot ,\cdot )$.

  1. Die Abbildung $\mathop{\rm End}\nolimits _{\mathbb K}(V)\rightarrow \mathop{\rm End}\nolimits _{\mathbb K}(V)$, $f\mapsto f^*$ ist semilinear (d.h. sie ist ein Homomorphismus abelscher Gruppen (bzgl. $+$) und es gilt $(\alpha f)^* = \overline{\alpha } \cdot f^*$ für alle $f\in \mathop{\rm End}\nolimits _{\mathbb K}(V)$, $\alpha \in \mathbb K$).

  2. Es gilt $\mathop{\rm id}\nolimits ^* =\mathop{\rm id}\nolimits $, $(f^*)^* = f$, $(f\circ g)^* = g^*\circ f^*$.

  3. Es gilt

    \[ \mathop{\rm Ker}(f^*) = (\mathop{\rm Im}f)^\perp ,\qquad \mathop{\rm Im}(f^*) = (\mathop{\rm Ker}f)^\perp , \]

    und $\mathop{\rm rg}\nolimits f = \mathop{\rm rg}\nolimits f^*$.

Definition 5.22

Sei $V$ ein euklidischer/unitärer Vektorraum. Ein Endomorphismus $f$ von $V$ heißt selbstadjungiert, falls $f=f^*$ gilt.

Satz 5.23

Sei $V$ ein euklidischer/unitärer Vektorraum, $\mathscr B$ eine Orthonormalbasis von $V$ und $f\in \mathop{\rm End}\nolimits _{\mathbb K}(V)$. Dann gilt: Der Endomorphismus $f$ ist genau dann selbstadjungiert, wenn $M_{\mathscr B}^{\mathscr B}(f)$ symmetrisch bzw. hermitesch ist.

Definition 5.24
  1. Sei $V$ ein euklidischer/unitärer $\mathbb K$-Vektorraum mit Skalarprodukt $(\cdot ,\cdot )$, und $f\in \mathop{\rm End}\nolimits _{\mathbb K}(V)$. Der Endomorphismus $f$ heißt normal, wenn $f\circ f^* = f^*\circ f$ gilt.

  2. Eine Matrix $A\in M_{n\times n}(\mathbb K)$ heißt normal, wenn $AA^*=A^*A$.

Offenbar sind selbstadjungierte Endomorphismen normal.

Lemma 5.25

Sei $V$ ein euklidischer/unitärer $\mathbb K$-Vektorraum mit Skalarprodukt $(\cdot ,\cdot )$, und $f\in \mathop{\rm End}\nolimits _{\mathbb K}(V)$. Sei $\mathscr B$ eine Orthonormalbasis von $V$. Dann gilt: Der Endomorphismus $f$ ist genau dann normal, wenn die Matrix $M_{\mathscr B}^{\mathscr B}(f)$ normal ist.

Satz 5.26

Sei $V$ ein euklidischer/unitärer $\mathbb K$-Vektorraum mit Skalarprodukt $(\cdot ,\cdot )$, und $f\in \mathop{\rm End}\nolimits _{\mathbb K}(V)$. Der Endomorphismus $f$ ist genau dann normal, wenn für alle $v,w\in V$ gilt:

\[ (f(v), f(w)) = (f^*(v), f^*(w)). \]

Korollar 5.27

Sei $V$ ein euklidischer/unitärer $\mathbb K$-Vektorraum mit Skalarprodukt $(\cdot ,\cdot )$, und $f\in \mathop{\rm End}\nolimits _{\mathbb K}(V)$ normal.

  1. $\mathop{\rm Ker}f = \mathop{\rm Ker}f^*$

  2. Ein Element $\lambda \in \mathbb K$ ist genau dann ein Eigenwert von $f$, wenn $\overline{\lambda }$ ein Eigenwert von $f^*$ ist.

4.7.

Theorem 5.28 Spektralsatz für normale Endomorphismen

Sei $V$ ein euklidischer/unitärer $\mathbb K$-Vektorraum mit Skalarprodukt $(\cdot ,\cdot )$, und $f\in \mathop{\rm End}\nolimits _{\mathbb K}(V)$ ein Endomorphismus, dessen charakteristisches Polynom vollständig in Linearfaktoren zerfällt. Dann sind äquivalent:

  1. $f$ ist normal.

  2. Es existiert eine Orthonormalbasis von $V$, die aus Eigenvektoren von $f$ besteht.

$\bullet $ Gib ein Beispiel eines normalen Endomorphismus, der nicht selbstadjungiert ist.

$\bullet $ Sind Drehungen, Spiegelungen, Streckungen des $\mathbb R^2$ normal? Sind sie selbstadjungiert?

Isometrien

Im folgenden sei $V$ ein euklidischer/unitärer $\mathbb K$-Vektorraum mit Skalarprodukt $(\cdot , \cdot )$.

Lemma 5.29

Sei $W$ ein weiterer eukl./unit. Vektorraum mit Skalarprodukt $\langle \cdot ,\cdot \rangle $. Für einen Homomorphismus $f\colon V\rightarrow W$ sind äquivalent:

  1. Für alle $v,v’\in V$ gilt $(v,v’) = \langle f(v), f(v’)\rangle $.

  2. Für alle $v\in V$ gilt $|v| = |f(v)|$.

  3. Für jede Orthonormalbasis $\mathscr B =(b_1,\dots , b_n)$ von $V$ ist $(f(b_1),\dots , f(b_n))$ eine Orthonormalbasis von $\mathop{\rm Im}f$ (mit der Einschränkung von $\langle \cdot , \cdot \rangle $ als Skalarprodukt).

  4. Es existiert eine Orthonormalbasis $\mathscr B =(b_1,\dots , b_n)$ von $V$, so dass $(f(b_1),\dots , f(b_n))$ eine Orthonormalbasis von $\mathop{\rm Im}f$ (mit der Einschränkung von $\langle \cdot , \cdot \rangle $ als Skalarprodukt) ist.

Hat $f$ diese Eigenschaften, so ist $f$ injektiv. Ist $f$ ein Isomorphismus mit diesem Eigenschaften, so nennt man $f$ eine Isometrie.

Ist speziell $V=W$, so sind die obigen Aussagen äquivalent dazu, dass $f$ ein Isomorphismus und $f^{-1} = f^*$ ist.

Definition 5.30
  1. Sei $V$ ein euklidischer/unitärer Vektorraum. Ein Automorphismus $f$ von $V$ mit den Eigenschaften des Lemmas heißt orthogonale Abbildung (im Fall $\mathbb K=\mathbb R$) bzw. unitäre Abbildung (im Fall $\mathbb K =\mathbb C$).

  2. Eine Matrix $A\in GL_n(\mathbb R)$ heißt orthogonal, falls $A^{-1}=A^t$. Eine Matrix $A\in GL_n(\mathbb C)$ heißt unitär, falls $A^{-1}=A^*$.

Offenbar sind orthogonale und unitäre Abbildungen normal.

Lemma 5.31

Sei $V$ ein euklidischer/unitärer Vektorraum und $\mathscr B$ eine Orthonormalbasis. Sei $f\colon V\rightarrow V$ ein Automorphismus. Dann sind äquivalent:

  1. $f$ ist orthogonal/unitär,

  2. $M_{\mathscr B}^{\mathscr B}(f)$ ist orthogonal/unitär.

Definition 5.32
  1. Die Teilmenge $O(n)\subset GL_n(\mathbb R)$ der orthogonalen Matrizen ist eine Untergruppe und heißt die orthogonale Gruppe.

  2. Die Teilmenge $U(n)\subset GL_n(\mathbb C)$ der unitären Matrizen ist eine Untergruppe und heißt die unitäre Gruppe.

Satz 5.33

Sei $V$ ein euklidischer/unitärer Vektorraum und $\mathscr B$ eine Orthonormalbasis. Sei $\mathscr C$ eine weitere Basis von $V$. Dann gilt: $\mathscr C$ ist genau dann eine Orthonormalbasis, wenn die Basiswechselmatrix $M_{\mathscr B}^{\mathscr C}$ orthogonal bzw. unitär ist.

Der Stoff bis hier ist relevant für die Klausur zur LA 2. (Für die Nachklausur und für mündliche Prüfungen ist der Stoff der gesamten Vorlesung relevant.)

6.7.

Satz 5.34

Sei $V$ ein unitärer $\mathbb C$-Vektorraum, $f\in \mathop{\rm End}\nolimits (V)$. Dann gilt: $f$ ist genau dann eine Isometrie, wenn eine Orthonormalbasis von $V$ existiert, die aus Eigenvektoren von $f$ besteht, und für alle Eigenwerte $\lambda $ von $f$ der Absolutbetrag $|\lambda |=1$ ist.

5.5 Die Hauptachsentransformation

Satz 5.35

Sei $V$ ein euklidischer/unitärer Vektorraum und $f\in \mathop{\rm End}\nolimits _{\mathbb K}(V)$ selbstadjungiert. Dann hat das charakteristische Polynom Koeffizienten in $\mathbb R$ und zerfällt über $\mathbb R$ vollständig in Linearfaktoren.

Theorem 5.36 Spektralsatz für selbstadjungierte Abbildungen

Sei $V$ ein euklidischer/unitärer Vektorraum und $f\in \mathop{\rm End}\nolimits _{\mathbb K}(V)$ selbstadjungiert. Dann existiert eine Orthonormalbasis von $V$, die aus Eigenvektoren von $f$ besteht, und alle Eigenwerte von $f$ sind reell.

Korollar 5.37

Sei $A\in M_{n\times n}(\mathbb K)$ eine symmetrische/Hermitesche Matrix. Dann existiert eine orthogonale/unitäre Matrix $S$, so dass $S^{-1}AS$ eine Diagonalmatrix mit reellen Einträgen ist.

Korollar 5.38 Hauptachsentransformation

Sei $V$ ein euklidischer/unitärer Vektorraum mit Skalarprodukt $(\cdot ,\cdot )$. Sei $\beta $ eine symmetrische Bilinearform/Hermitesche Form auf $V$. Dann existiert eine Orthonormalbasis $\mathscr B$ von $V$, so dass $M_{\mathscr B}(\beta )$ eine Diagonalmatrix mit reellen Einträgen ist.

Korollar 5.39

Sei $V$ ein endlich-dimensionaler $\mathbb K$-Vektorraum und $\beta $ eine symmetrische Bilinearform/Hermitesche Form. Dann sind äquivalent:

  1. $\beta $ ist positiv definit.

  2. Es existiert eine Basis $\mathscr B$ von $V$, so dass $M_{\mathscr B}(\beta )$ nur positive reelle Eigenwerte hat.

11.7.

Theorem 5.40 Sylvesterscher Trägheitssatz

Sei $V$ ein endlich-dimensionaler $\mathbb K$-Vektorraum, $n=\dim V$ und $\beta $ eine symmetrische Bilinearform/Hermitesche Form auf $V$. Sei $\mathscr B$ eine Basis von $V$, und seien $k_+$, $k_-$ bzw. $k_0$ die Anzahlen der Eigenwerte von $M_{\mathscr B}(\beta )$, die positiv, negativ bzw. $=0$ sind, jeweils gezählt mit der Vielfachheit der entsprechenden Nullstelle des charakteristischen Polynoms.

Dann ist $k_++k_-+k_0=n$, und die Zahlen $k_+$, $k_-$ und $k_0$ sind unabhängig von der Wahl der Basis $\mathscr B$.

Es existiert eine Basis $\mathscr B$ von $V$, so dass

\[ M_{\mathscr B}(\beta ) = \mathop{\rm diag}(1,\dots , 1, -1,\dots , -1, 0, \dots , 0) \]

(mit $k_+$ Einträgen $=1$, $k_-$ Einträgen $=-1$ und $k_0$ Einträgen $=0$) ist.

13.7.

Bemerkung 5.41

Geometrische Interpretation der Hauptachsentransformation. Kegelschnitte.

  1. Der Begriff adjungiert hat hier also eine ganz andere Bedeutung als im Zusammenhang mit der Cramerschen Regel.