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7.3 Zerlegung von Idealen in Primideale in Dedekindringen

Sei \(A\) ein Dedekindring mit Quotientenkörper \(K\).

Definition 7.17

Ein gebrochenes Ideal von \(A\) ist ein von \(0\) verschiedener endlich erzeugter \(A\)-Untermodul \(\mathfrak a\subset K\).

Jedes Ideal \(\ne 0\) von \(A\) ist ein gebrochenes Ideal. Ist \(x\in A\), \(x\ne 0\), so ist \(x^{-1}A\) ein gebrochenes Ideal von \(A\).

Sei \(\mathfrak a\subseteq A\) ein gebrochenes Ideal. Wir setzen

\[ \mathfrak a^{-1} := \{ x\in K; x\mathfrak a\subseteq A \} . \]

Dies ist wieder ein gebrochenes Ideal von \(K\).

Für gebrochene Ideale \(\mathfrak a\), \(\mathfrak b\) von \(A\) definieren wir ihr Produkt durch

\[ \mathfrak a\mathfrak b := \langle ab; a\in \mathfrak a,b\in \mathfrak b \rangle _A, \]

d.h. als den von allen Produkten von Elementen aus \(\mathfrak a\) und \(\mathfrak b\) erzeugten \(A\)-Untermodul von \(K\), vergleiche Definition 2.11. Für \(n\ge 1\) definieren wir \(\mathfrak a^n = \mathfrak a\cdot \cdots \cdot \mathfrak a\) (\(n\) Faktoren), für \(n {\lt} 0\) sei \(\mathfrak a^n := (\mathfrak a^{-1})^{-n}\). Wir setzen \(\mathfrak a^0 := (1)\).

Beispiel 7.18

Sei \(A\) ein diskreter Bewertungsring mit maximalem Ideal \(\mathfrak m\). Dann sind die gebrochenen Ideale von \(A\) gerade die Untermoduln \(\mathfrak m^d\), \(d\in \mathbb Z\).

Lemma 7.19

Sei \(A\) ein Dedekindring. Seien \(\mathfrak a\), \(\mathfrak b\) gebrochene Ideale von \(A\). Dann gilt:

  1. Sei \(\mathfrak p\in \operatorname{Spec}A\). Wie üblich bezeichnen wir für jeden \(A\)-Modul \(\mathfrak a\) mit \(\mathfrak a_{\mathfrak p}\) die Lokalisierung bezüglich \(S =A\setminus \mathfrak p\). Dann gilt

    • \((\mathfrak a + \mathfrak b)_{\mathfrak p} = \mathfrak a_{\mathfrak p} +\mathfrak b_{\mathfrak p}\),

    • \((\mathfrak a \mathfrak b)_{\mathfrak p} = \mathfrak a_{\mathfrak p} \cdot \mathfrak b_{\mathfrak p}\),

    • \((\mathfrak a^{-1})_{\mathfrak p} = (\mathfrak a_{\mathfrak p})^{-1}\).

  2. Es gilt genau dann \(\mathfrak a =\mathfrak b\), wenn für alle \(\mathfrak p\in \operatorname{Spec}A\) gilt: \(\mathfrak a_{\mathfrak p} =\mathfrak b_{\mathfrak p}\).

Satz 7.20

Sei \(A\) ein Dedekindring. Dann ist die Menge der gebrochenen Ideale von \(A\) eine Gruppe bezüglich des soeben definierten Produkts. Das neutrale Element ist das Ideal \(A\). Das Inverse eines gebrochenen Ideals \(\mathfrak a\) ist \(\mathfrak a^{-1}\). Insbesondere gilt \(\mathfrak a\mathfrak a^{-1}=A\) und \((\mathfrak a^{-1})^{-1} = \mathfrak a\) für alle gebrochenen Ideale \(\mathfrak a\).

Theorem 7.21

Sei \(A\) ein Dedekindring, und sei \(\mathfrak a\subseteq A\) ein Ideal \(\ne 0\). Dann existieren endlich viele paarweise verschiedene Primideale \(\mathfrak p_1,\dots , \mathfrak p_r\) und natürliche Zahlen \(n_i \ge 1\), so dass

\[ \mathfrak a = \mathfrak p_1^{n_1}\cdots \mathfrak p_r^{n_r}. \]

Dabei ist \(r\) eindeutig bestimmt, und die \(\mathfrak p_i\) und \(n_i\) sind eindeutig bestimmt bis auf die Reihenfolge.

Für das Einsideal ist die durch das Theorem gegebene Zerlegung das leere Produkt. Mit den Notationen des Theorems gilt: Die Primideale, in denen \(\mathfrak a\) enthalten ist, sind genau \(\mathfrak p_1, \dots , \mathfrak p_r\).

Man kann zeigen, dass jeder Integritätsring, der kein Körper ist, und in dem sich jedes Ideal \(\ne 0\) als endliches Produkt von Primidealen schreiben lässt, ein Dedekindring ist, siehe [ M2 ] Theorem 11.6.

Beispiel 7.22

Der ganze Abschluss von \(\mathbb Z\) in \(\mathbb Q(\sqrt{-5})\) ist der Ring \(A:=\mathbb Z[\sqrt{-5}]\). Der Ring \(A\) ist also ein Dedekindring. Er ist allerdings nicht faktoriell, zum Beispiel sind

\[ 2 \cdot 3 = (1+\sqrt{-5})(1-\sqrt{-5}) \]

zwei verschiedene Zerlegungen von \(6\) in Produkte irreduzibler Elemente. Die Ideale \((2)\), \((3)\), \((1-\sqrt{-5})\) und \((1+\sqrt{-5})\) sind keine Primideale. Die Ideale

\begin{align*} \mathfrak p_1 & = (2, 1+\sqrt{-5}),\\ \mathfrak p_2 & = (2, 1-\sqrt{-5}), \\ \mathfrak p_3 & = (3, 1+\sqrt{-5}),\\ \mathfrak p_4 & = (3, 1-\sqrt{-5}) \end{align*}

sind Primideale und es gilt

\[ (2) = \mathfrak p_1\mathfrak p_2,\quad (3) = \mathfrak p_3\mathfrak p_4,\quad (1+\sqrt{-5}) = \mathfrak p_1\mathfrak p_3,\quad (1-\sqrt{-5}) = \mathfrak p_2\mathfrak p_4,\quad \]

und die obige Zerlegung erklärt sich als

\[ (6) = (\mathfrak p_1\mathfrak p_2) (\mathfrak p_3\mathfrak p_4) = (\mathfrak p_1\mathfrak p_3) (\mathfrak p_2\mathfrak p_4). \]