Inhalt

6.3 Die Dimension von endlich erzeugten Algebren über einem Körper

6.3.1 Der Transzendenzgrad einer Körpererweiterung

Definition 6.13

Sei \(\left.L\middle /K\right.\) eine Körpererweiterung.

  1. Eine Teilmenge \(S\subseteq L\) heißt algebraisch unabhängig über \(K\), wenn der Einsetzungshomomorphismus

    \[ K[X_s, s\in S] \to L,\quad X_s \mapsto s, \]

    injektiv ist.

  2. Eine Teilmenge \(S\subseteq L\) heißt eine Transzendenzbasis der Erweiterung \(\left.L\middle /K\right.\), wenn \(S\) algebraisch unabhängig über \(K\) ist und die Erweiterung \(\left.L\middle /K(S)\right.\) algebraisch ist.

Lemma 6.14

Sei \(\left.L\middle /K\right.\) eine Körpererweiterung.

  1. Eine Teilmenge \(S\subseteq L\) ist genau dann algebraisch unabhängig, wenn jede endliche Teilmenge es ist.

  2. Eine Teilmenge \(S\subseteq L\) ist genau dann eine Transzendenzbasis, wenn sie eine maximale algebraisch unabhängige Teilmenge von \(L\) ist.

  3. Die Erweiterung \(\left.L\middle /K\right.\) besitzt eine Transzendenzbasis.

  4. Sind \(S\), \(S^\prime \) Transzendenzbasen der Erweiterung \(\left.L\middle /K\right.\), so existiert eine Bijektion \(S\stackrel{\sim }{\smash {\longrightarrow }\rule{0pt}{0.4ex}}S^\prime \). Insbesondere ist die Anzahl der Elemente einer Transzendenzbasis (genauer: die Mächtigkeit einer Transzendenzbasis) unabhängig von der Wahl der Transzendenzbasis. Diese Mächtigkeit wird als der Transzendenzgrad der Erweiterung \(\left.L\middle /K\right.\) bezeichnet, in Zeichen: \(\operatorname{trdeg}_KL\).

Insbesondere sehen wir: Eine Erweiterung \(\left.L\middle /K\right.\) ist genau dann algebraisch, wenn sie den Transzendenzgrad \(0\) hat.

Ist \(R\) eine \(k\)-Algebra, die ein Integritätsring ist, so schreiben wir auch \(\operatorname{trdeg}_kR := \operatorname{trdeg}_k\operatorname{Quot}(R)\).

Beispiel 6.15

Ist \(K\) ein Körper, so gilt

\[ \operatorname{trdeg}\nolimits _K K[X_1, \dots , X_n] = \operatorname{trdeg}\nolimits _K K(X_1,\dots , X_n) = n. \]

6.3.2 Die Normabbildung einer Körpererweiterung

Siehe auch Abschnitt ALG.6.2.

Definition 6.16

Sei \(\left.L\middle /K\right.\) eine endliche Körpererweiterung. Für \(x\in L\) sei \(\varphi _x\) der \(K\)-Vektorraum-Homomorphismus \(L\to L\), \(y\mapsto xy\). Wir nennen \(N_{\left.L\middle /K\right.}(x) := \det (\varphi _x)\in K\) die Norm von \(x\) und die Abbildung \(N_{\left.L\middle /K\right.}\colon L\to K\) die Normabbildung der Erweiterung \(\left.L\middle /K\right.\).

Satz 6.17 Eigenschaften der Normabbildung

Sei \(\left.L\middle /K\right.\) eine endliche Körpererweiterung.

  1. Ist \(x\in K\), so gilt \(N_{\left.L\middle /K\right.}(x) = x^{[L:K]}\).

  2. Sind \(x, y\in L\), so gilt \(N_{\left.L\middle /K\right.}(xy) = N_{\left.L\middle /K\right.}(x)N_{\left.L\middle /K\right.}(y)\).

  3. Ist \(x\in L\) und \(\operatorname{minpol}_{x, K} = X^d + a_{d-1}X^{d-1} + \cdots + a_0\), so gilt

    \[ N_{\left.L\middle /K\right.}(x) = (-1)^{[L:K]} \, a_0^{[L:K(x)]}. \]

Bemerkung 6.18

Weitere wichtige Eigenschaften der Normabbildung sind

  1. Transitivität: Sind \(K \subset E \subset L\) endliche Körpererweiterungen und ist \(x\in L\), so gilt \(N_{\left.L\middle /K\right.}(x) = N_{\left.L\middle /E\right.}(N_{\left.E\middle /K\right.}(x))\).

  2. Ist \(\left.L\middle /K\right.\) eine endliche Galois-Erweiterung, so gilt

    \[ N_{\left.L\middle /K\right.}(x) = \prod _{\sigma \in \operatorname{Gal}(\left.L\middle /K\right.)} \sigma (x). \]

Theorem 6.19

Seien \(k\) ein Körper und \(R\) eine endlich erzeugte \(k\)-Algebra, die ein Integritätsring ist. Sei \(f\in R\), \(f\ne 0\) ein Element, das keine Einheit in \(R\) ist, und sei \(\mathfrak p\subset R\) ein Primideal, das \(f\) enthält und das minimal mit dieser Eigenschaft ist. Dann gilt

\[ \operatorname{trdeg}_k R/\mathfrak p = \operatorname{trdeg}_k R - 1. \]

Korollar 6.20

Sei \(k\) ein Körper.

  1. Sei \(R\) eine endlich erzeugte \(k\)-Algebra, die ein Integritätsring ist. Dann gilt \(\dim R = \operatorname{trdeg}_kR\).

  2. Sei \(n\ge 0\). Dann gilt \(\dim k[X_1,\dots , X_n] = n\).

Korollar 6.21

Sei \(R\) eine endlich erzeugte \(k\)-Algebra, die ein Integritätsring ist. Dann haben alle maximalen Ketten von Primidealen in \(R\) (d.h. alle Ketten, die nicht durch das Einfügen weiterer Primideale verfeinert werden können) die Länge \(\dim R\).