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19.6 Die adjungierte Abbildung

Kommen nun auf die adjungierte Abbildung zurück …

Satz 19.67

Sei \(V\) ein euklidischer/unitärer \(\mathbb K\)-Vektorraum mit Skalarprodukt \((\cdot ,\cdot )\), und \(f\in \operatorname{End}_{\mathbb K}(V)\). Ist \(\mathscr B\) eine Orthonormalbasis von \(V\), so gilt \(M_{\mathscr B}^{\mathscr B}(f^\ast )=M_{\mathscr B}^{\mathscr B}(f)^\ast \).

Beweis

Beweis der Existenz der adjungierten Abbildung, wähle ONB, so dass \(B=E_n\).

Der Spektralsatz für selbstadjungierte Endomorphismen (Theorem 19.80) wird zeigen, dass jeder selbstadjungierte Endomorphismus diagonalisierbar ist und nur reelle Eigenwerte hat, und dass sogar eine Orthonormalbasis existiert, die aus Eigenvektoren besteht. Das liefert eine sehr konkrete geometrische Beschreibung dieser Eigenschaft!

In Termen von Matrizen können wir die Selbstadjungiertheit folgendermaßen beschreiben. (Und der gerade genannte Spektralsatz wird also auch zeigen, dass jede symmetrische Matrix in \(M_n(\mathbb R)\) diagonalisierbar ist.)

Satz 19.68

Sei \(V\) ein euklidischer/unitärer Vektorraum, \(\mathscr B\) eine Orthonormalbasis von \(V\) und \(f\in \operatorname{End}_{\mathbb K}(V)\). Dann gilt: Der Endomorphismus \(f\) ist genau dann selbstadjungiert, wenn \(M_{\mathscr B}^{\mathscr B}(f)\) symmetrisch bzw. hermitesch ist.

Beweis

Das folgt daraus, dass \(M_{\mathscr B}^{\mathscr B}(f^\ast ) = M_{\mathscr B}^{\mathscr B}(f)^\ast \) gilt, denn \(\mathscr B\) ist nach Voraussetzung eine Orthogonalbasis, so dass wir ?? anwenden können.

Definition 19.69
  1. Sei \(V\) ein euklidischer/unitärer \(\mathbb K\)-Vektorraum mit Skalarprodukt \((\cdot ,\cdot )\), und \(f\in \operatorname{End}_{\mathbb K}(V)\). Der Endomorphismus \(f\) heißt normal, wenn \(f\circ f^\ast = f^\ast \circ f\) gilt.

  2. Eine Matrix \(A\in M_{n}(\mathbb K)\) heißt normal, wenn \(AA^\ast =A^\ast A\).

Offenbar sind selbstadjungierte Endomorphismen normal.

Lemma 19.70

Sei \(V\) ein euklidischer/unitärer \(\mathbb K\)-Vektorraum mit Skalarprodukt \((\cdot ,\cdot )\), und \(f\in \operatorname{End}_{\mathbb K}(V)\). Sei \(\mathscr B\) eine Orthonormalbasis von \(V\). Dann gilt: Der Endomorphismus \(f\) ist genau dann normal, wenn die Matrix \(M_{\mathscr B}^{\mathscr B}(f)\) normal ist.

Satz 19.71

Sei \(V\) ein euklidischer/unitärer \(\mathbb K\)-Vektorraum mit Skalarprodukt \((\cdot ,\cdot )\), und \(f\in \operatorname{End}_{\mathbb K}(V)\). Der Endomorphismus \(f\) ist genau dann normal, wenn für alle \(v,w\in V\) gilt:

\[ (f(v), f(w)) = (f^\ast (v), f^\ast (w)). \]

Beweis

Wenn \(f\) normal ist, dann gilt

\[ (f(v), f(w)) = (v, f^\ast (f(w))) = (v, f(f^\ast (w)) = (f^\ast (v), f^\ast (w)) \]

für alle \(v, w\in V\).

Umgekehrt folgt aus \((f(v), f(w)) = (f^\ast (v), f^\ast (w))\), dass

\[ (v, f^\ast (f(w))) = (v, f(f^\ast (w)) \]

gilt. Haben wir das für alle \(v\in V\), so folgt \(f^\ast (f(w)) = f(f^\ast (w))\), weil ein Skalarprodukt nicht-ausgeartet ist.

Ergänzung: Charakterisierung wie in Waldmann 1 Prop. 7.78 und folgende Diskussion.

Siehe auch Lorenz, Aufgabensammlung; Bourbaki, Alg IX.

Korollar 19.72

Sei \(V\) ein euklidischer/unitärer \(\mathbb K\)-Vektorraum mit Skalarprodukt \((\cdot ,\cdot )\), und \(f\in \operatorname{End}_{\mathbb K}(V)\) normal.

  1. \(\operatorname{Ker}f = \operatorname{Ker}f^\ast \)

  2. Ein Vektor \(v\in V\) ist genau dann ein Eigenvektor von \(f\) zum Eigenwert \(\lambda \in \mathbb K\), wenn \(v\) ein Eigenvektor von \(f^\ast \) zum Eigenwert \(\overline{\lambda }\) ist. Insbesondere ist \(\lambda \in \mathbb K\) genau dann ein Eigenwert von \(f\), wenn \(\overline{\lambda }\) ein Eigenwert von \(f^\ast \) ist.

Beweis

Sei \(v\in \operatorname{Ker}(f)\). Aus dem vorherigen Satz folgt \(0 = (f(v), f(v)) = (f^\ast (v), f^\ast (v))\), also \(f^\ast (v) = 0\) und damit \(v\in \operatorname{Ker}(f^\ast )\). Die andere Inklusion folgt analog, oder indem man ausnutzt, dass \((f^\ast )^\ast = f\) ist.

Teil (2) folgt aus Teil (1), weil für jedes \(\lambda \in K\) mit \(f\) auch \(f-\lambda \, \operatorname{id}_V\) normal ist und \((f-\lambda \, \operatorname{id}_V)^\ast = f^\ast -\overline{\lambda }\, \operatorname{id}_V\) gilt.

Vielleicht auch (auch eine Möglichkeit, um dann den Spektralsatz zu erhalten): Ist \(f\) normal, so ist für jeden Eigenwert \(\lambda \) der verallgemeinerte Eigenraum zu \(\lambda \) gleich dem Eigenraum zum Eigenwert \(\lambda \). (Vgl Waldmann 1).

Theorem 19.73 Spektralsatz für normale Endomorphismen

Sei \(V\) ein euklidischer/unitärer \(\mathbb K\)-Vektorraum mit Skalarprodukt \((\cdot ,\cdot )\), und \(f\in \operatorname{End}_{\mathbb K}(V)\) ein Endomorphismus, dessen charakteristisches Polynom vollständig in Linearfaktoren zerfällt. Dann sind äquivalent:

  1. \(f\) ist normal.

  2. Es existiert eine Orthonormalbasis von \(V\), die aus Eigenvektoren von \(f\) besteht.

Beweis

Es ist klar, dass (i) aus (ii) folgt, denn die Normalität können wir an der darstellenden Matrix von \(f\) bezüglich irgendeiner Orthonormalbasis von \(V\) überprüfen (Lemma 19.70).

Sei nun \(f\) normal (und \(V \ne 0\) – sonst ist nichts zu zeigen). Weil das charakteristische Polynom von \(f\) vollständig in Linearfaktoren zerfällt, hat \(f\) einen Eigenwert \(\lambda \in K\). Sei \(v\in V\) ein Eigenvektor zum Eigenwert \(\lambda \). Wir können \(v\) so skalieren, dass \(\lVert v\rVert = 1\).

Sei \(U = \langle v\rangle ^\perp \) das orthogonale Komplement des von \(v\) erzeugten Unterraums. Es gilt dann \(f(U) \subseteq U\). In der Tat, für \(u\in U\) haben wir \((f(u), v) = (u, f^\ast (v)) = (u, \lambda v) = 0\), wobei wir Korollar 19.72 benutzt haben.

FRAGE: Kann man mit einer Eigenschaft »along these lines« Normalität von Endomorphismen charakterisieren? (siehe Lorenz LA2)

Also induziert \(f\) einen Endomorphismus von \(U\).

NOCH ZEIGEN: \(f_{|U}\) IST NORMAL. (Das ist im Prinzip klar …, \((f_{|U})^\ast = (f^\ast )_{|U}\).)

DANN INDUKTION.

19.6.1 Isometrien

Im folgenden sei \(V\) ein euklidischer/unitärer \(\mathbb K\)-Vektorraum mit Skalarprodukt \((\cdot , \cdot )\).

KÖNNTE MAN ZUM TEIL VORZIEHEN …machen wir aber nicht ‘Isometrie’ im Sinne von abstandserhaltend ist ja erst jetzt sinnvoll

Lemma 19.74

Sei \(W\) ein weiterer eukl./unit. Vektorraum mit Skalarprodukt \(\langle \cdot ,\cdot \rangle \). Für einen Homomorphismus \(f\colon V\rightarrow W\) sind äquivalent:

  1. Für alle \(v,v’\in V\) gilt \((v,v’) = \langle f(v), f(v’)\rangle \).

  2. Für alle \(v\in V\) gilt \(\lVert v\rVert = \lVert f(v)\rVert \).

  3. Für jede Orthonormalbasis \(\mathscr B =(b_1,\dots , b_n)\) von \(V\) ist \((f(b_1),\dots , f(b_n))\) eine Orthonormalbasis von \(\operatorname{Im}f\) (mit der Einschränkung von \(\langle \cdot , \cdot \rangle \) als Skalarprodukt).

  4. Es existiert eine Orthonormalbasis \(\mathscr B =(b_1,\dots , b_n)\) von \(V\), so dass \((f(b_1),\dots , f(b_n))\) eine Orthonormalbasis von \(\operatorname{Im}f\) (mit der Einschränkung von \(\langle \cdot , \cdot \rangle \) als Skalarprodukt) ist.

Hat \(f\) diese Eigenschaften, so ist \(f\) injektiv. Ist \(f\) ein Isomorphismus mit diesem Eigenschaften, so nennt man \(f\) eine Isometrie.

Ist speziell \(V=W\), so sind die obigen Aussagen äquivalent dazu, dass \(f\) ein Isomorphismus und \(f^{-1} = f^\ast \) ist.

Beweis

Um den Zusatz zu beweisen, betrachten wir nun den Fall \(V=W\). Wenn \(f\) die Bedingungen des Lemmas erfüllt, ist \(f\) ein Isomorphismus, und wir können in (i) deshalb \(v^\prime = f^{-1}(w)\) einsetzen. Dann liest sich die Bedingung als

\[ (v,f^{-1}(w)) = \langle f(v), w\rangle . \]

Das bedeutet genau, dass \(f^\ast = f^{-1}\) gilt.

Ist andererseits \(f\) ein Isomorphismus mit \(f^\ast = f^{-1}\) so können wir das Argument herumdrehen und Eigenschaft (i) folgern.

Definition 19.75
  1. Sei \(V\) ein euklidischer/unitärer Vektorraum. Ein Automorphismus \(f\) von \(V\) mit den Eigenschaften des Lemmas heißt orthogonale Abbildung (im Fall \(\mathbb K=\mathbb R\)) bzw. unitäre Abbildung (im Fall \(\mathbb K =\mathbb C\)).

  2. Eine Matrix \(A\in GL_n(\mathbb R)\) heißt orthogonal, falls \(A^{-1}=A^t\). Eine Matrix \(A\in GL_n(\mathbb C)\) heißt unitär, falls \(A^{-1}=A^\ast \).

Offenbar sind orthogonale und unitäre Abbildungen und Matrizen normal.

Lemma 19.76

Sei \(V\) ein euklidischer/unitärer Vektorraum und \(\mathscr B\) eine Orthonormalbasis. Sei \(f\colon V\rightarrow V\) ein Automorphismus. Dann sind äquivalent:

  1. \(f\) ist orthogonal/unitär,

  2. \(M_{\mathscr B}^{\mathscr B}(f)\) ist orthogonal/unitär.

Beweis

Wir haben in Lemma ?? gesehen, dass (i) dazu äquivalent ist, dass \(f^{-1} = f^\ast \) gilt. Weil \(\mathscr B\) eine Orthonormalbasis ist, gilt \(M_{\mathscr B}^{\mathscr B}(f^\ast ) = M_{\mathscr B}^{\mathscr B}(f)^\ast \). Damit (und mit ??) folgt direkt die Äquivalenz zu (ii).

Definition 19.77
  1. Die Teilmenge \(O(n)\subset GL_n(\mathbb R)\) FIXME \(O(n)\) oder \(O_n\)?! der orthogonalen Matrizen ist eine Untergruppe und heißt die orthogonale Gruppe.

  2. Die Teilmenge \(U(n)\subset GL_n(\mathbb C)\) der unitären Matrizen ist eine Untergruppe und heißt die unitäre Gruppe.

Bemerkung: \(O(V, \beta )\), \(U(V, \beta )\) kann man auch allgemein definieren …

Satz 19.78

Sei \(V\) ein euklidischer/unitärer Vektorraum und \(\mathscr B\) eine Orthonormalbasis. Sei \(\mathscr C\) eine weitere Basis von \(V\). Dann gilt: \(\mathscr C\) ist genau dann eine Orthonormalbasis, wenn die Basiswechselmatrix \(M_{\mathscr B}^{\mathscr C}\) orthogonal bzw. unitär ist.

Satz 19.79

Sei \(V\) ein unitärer \(\mathbb C\)-Vektorraum, \(f\in \operatorname{End}(V)\). Dann gilt: \(f\) ist genau dann eine Isometrie, wenn eine Orthonormalbasis von \(V\) existiert, die aus Eigenvektoren von \(f\) besteht, und für alle Eigenwerte \(\lambda \) von \(f\) der Absolutbetrag \(|\lambda |=1\) ist.

Beweis

Sei \(f\) eine Isometrie. Nach dem Spektralsatz für normale Endomorphismen existiert eine Orthonormalbasis von \(V\), die aus Eigenvektoren von \(f\) besteht. Weil \(f\) eine Isometrie ist, haben alle Eigenwerte von \(f\) den Absolutbetrag \(1\).

Die Umkehrung ist klar.

Normalform für Isometrien eines euklidischen Vektorraums?! (zB Lorenz S. 131)