1 Ringe und Moduln
1.1 Ringe und Ideale
Eine Menge $R$ zusammen mit Verknüpfungen $+ \colon R\times R \to R$ (Addition) und $\cdot \colon R\times R\to R$ (Multiplikation) heißt kommutativer Ring mit $1$, falls gilt:
$(R, +)$ ist eine abelsche Gruppe. (Wir bezeichnen das neutrale Element bezüglich $+$ stets mit $0$.)
Die Multiplikation $\cdot $ ist assoziativ, besitzt ein neutrales Element (das wir stets mit $1$ bezeichnen), verhält sich distributiv bezüglich $+$ und ist kommutativ.
Sofern nicht ausdrücklich etwas Anderes gesagt wird, verstehen wir in diesem gesamten Skript unter einem Ring stets einen kommutativen Ring mit $1$.
Wir verwenden die üblichen Bezeichnungen: Der Multiplikationspunkt wird üblicherweise ausgelassen. Das Inverse von $a\in R$ bezüglich der Addition wird mit $-a$ bezeichnet, wir schreiben $a-b$ statt $a+(-b)$.
Die Menge $R = \{ 0 \} $ mit $0+0 = 0$, $0\cdot 0 = 0$, ist ein Ring, der sogenannte Nullring. Dies ist der einzige Ring, in dem $1 = 0$ gilt. Wir schreiben einfach $R=0$.
Sei $R$ ein Ring.
Ein Element $a\in R$ heißt Einheit, falls ein Element $b\in R$ existiert mit $ab=1$. Die Menge $R^\times $ aller Einheiten in $R$ bildet eine Gruppe bezüglich der Multiplikation, die sogenannte Einheitengruppe.
Ein Element $a\in R$ heißt Nullteiler, falls ein Element $b\in R$, $b\ne 0$, existiert mit $ab=0$. Ist $R\ne 0$ und hat $R$ keine Nullteiler außer $0$, so heißt $R$ Integritätsring.
Seien $R$, $R’$ Ringe. Eine Abbildung $f\colon R\to R’$ heißt Ringhomomorphismus, wenn gilt:
$f(x+y) = f(x) + f(y)$ für alle $x, y\in R$,
$f(xy) = f(x) f(y)$ für alle $x, y\in R$,
$f(1) = 1$.
Eine Teilmenge $S\subseteq R$ eines Ringes $R$ heißt Unterring, falls $0, 1\in S$ und $S$ abgeschlossen bezüglich $+$, $-$ und $\cdot $ ist.
Sei $R$ ein Ring. Eine Teilmenge $I\subseteq R$ heißt Ideal, wenn $I$ eine Untergruppe bezüglich der Addition ist, und wenn für alle $x\in R$, $y\in I$ gilt, dass $xy\in I$.
In jedem Ring $R$ sind $\{ 0 \} $ (das Nullideal) und $R$ (das Einsideal) Ideale.
Der Durchschnitt von Idealen ist ein Ideal.
Sind $R$ ein Ring und ist $X\subseteq R$ eine Teilmenge, so ist
\[ (X) := \bigcap _{I \subseteq R\ \text{Ideal}, X\subseteq I} I = \left\{ \sum _{i=1}^n a_i x_i;\ n\ge 0, a_i \in R, x_i\in X \right\} \]das kleinste Ideal von $R$, das $X$ enthält. Wir nennen $(X)$ das von $X$ erzeugte Ideal. Ist $X = \{ x_1, \dots , x_n \} $, so schreiben wir $(x_1, \dots , x_n) := (X)$. Beispiel: $(0) = \{ 0 \} $, $(1) = R$. Ein Ideal $I$ heißt endlich erzeugt, wenn endlich viele Elemente $x_1, \dots , x_n\in I$ existieren mit $I=(x_1, \dots , x_n)$. Ein Ideal $I$ heißt Hauptideal, wenn ein Element $x\in I$ existiert mit $I=(x)$. Ein Integritätsring, in dem jedes Ideal ein Hauptideal ist, heißt Hauptidealring.
Sei $R$ ein Ring. Sind $I_\nu \subseteq R$ Ideale, so heißt das von $\bigcup _\nu I_\nu $ erzeugte Ideal die Summe der Ideale $I_\nu $, in Zeichen $\sum _\nu I_\nu $. Es gilt
\[ \sum _\nu I_\nu = \left\{ \sum _\nu x_\nu ; \ x_\nu \in I_\nu , \text{nur endlich viele}\ x_\nu \ \text{ungleich} 0\right\} . \]
Seien $R$ ein Ring und $\mathfrak a$, $\mathfrak b$ Ideale von $R$. Dann heißt
das Produkt der Ideale $\mathfrak a$ und $\mathfrak b$.
Sei $f\colon R\to R’$ ein Ringhomomorphismus. Dann ist der Kern $\mathop{\rm Ker}f := f^{-1}(0)$ von $f$ ein Ideal von $R$ und das Bild $\mathop{\rm Im}f = f(R)$ von $f$ ein Unterring von $R’$.
Quotient nach einem Ideal
Sei $R$ ein Ring, $\mathfrak a\subseteq R$ ein Ideal. Die Relation
definiert eine Äquivalenzrelation auf $R$, deren Äquivalenzklassen wir als die Nebenklassen von $\mathfrak a$ in $R$ bezeichnen. Die Äquivalenzklasse von $x\in R$ ist
Die Menge $R/\mathfrak a$ der Äquivalenzklassen wird durch die (wohldefinierten!) Verknüpfungen
zu einem kommutativen Ring, und die Abbildung $\pi \colon R\to R/\mathfrak a$, $x\mapsto \overline{x}$, die als die kanonische Projektion bezeichnet wird, ist ein surjektiver Ringhomomorphismus.
Seien $R$ ein Ring und $\mathfrak a \subseteq R$ ein Ideal. Sei $\pi \colon R\to R/\mathfrak a$ die kanonische Projektion. Ein Ringhomomorphismus $\varphi \colon R \to R’$ faktorisiert genau dann über $\pi $ (d.h. es existiert $\psi \colon R/\mathfrak a\to R’$ mit $\psi \circ \pi =\varphi $), wenn $\mathfrak a \subseteq \mathop{\rm Ker}\varphi $. In diesem Fall gilt $\mathop{\rm Im}\varphi = \mathop{\rm Im}\psi $, und $\psi $ ist genau dann injektiv, wenn $\mathfrak a = \mathop{\rm Ker}\varphi $.
Seien $R$ ein Ring und $\mathfrak a\subseteq R$ ein Ideal. Sei $\pi \colon R\to R/\mathfrak a$ die kanonische Projektion. Dann sind die Abbildungen
zueinander inverse, inklusionserhaltende Bijektionen zwischen der Menge aller Ideale von $R$, die $\mathfrak a$ enthalten, und der Menge aller Ideale von $R/\mathfrak a$.
Primideale und maximale Ideale
Sei $R$ ein Ring.
Ein Ideal $\mathfrak p\subset R$ heißt Primideal, falls $\mathfrak p \ne R$ und für alle $x, y\in R$ mit $xy\in \mathfrak p$ gilt: $x\in \mathfrak p$ oder $y\in \mathfrak p$.
Ein Ideal $\mathfrak m\subset R$ heißt maximales Ideal, falls $\mathfrak m \ne R$, und für alle Ideale $\mathfrak m’ \ne R$ mit $\mathfrak m\subseteq \mathfrak m’$ gilt: $\mathfrak m= \mathfrak m’$.
Sei $R$ ein Ring, $\mathfrak a\subseteq R$ ein Ideal.
Das Ideal $\mathfrak a$ ist genau dann ein Primideal, wenn $R/\mathfrak a$ ein Integritätsring ist.
Das Ideal $\mathfrak a$ ist genau dann ein maximales Ideal, wenn $R/\mathfrak a$ ein Körper ist.
Insbesondere gilt: Jedes maximale Ideal ist ein Primideal.
Sei $R$ ein Ring, $\mathfrak a$ ein Ideal von $R$, $\mathfrak a\ne R$. Dann besitzt $R$ ein maximales Ideal $\mathfrak m$ mit $\mathfrak a\subseteq \mathfrak m$. Insbesondere besitzt jeder Ring $R\ne 0$ ein maximales Ideal.
Die Bijektionen in Satz 1.11 erhalten die Eigenschaften Primideal und maximales Ideal.
Das Primspektrum eines Rings
Sei $R$ ein Ring. Wir bezeichnen mit $\mathop{\rm Spec}\nolimits R$ die Menge der Primideale in $R$ und nennen $\mathop{\rm Spec}\nolimits R$ das Spektrum oder Primspektrum von $R$. Wir bezeichnen mit $\mathop{\rm Spm} R$ die Menge aller maximalen Ideale von $R$ und nennen $\mathop{\rm Spm} R$ das Maximalspektrum von $R$. Offenbar ist $\mathop{\rm Spm} R \subseteq \mathop{\rm Spec}\nolimits R$.
Ist $\mathfrak a\subseteq R$ ein Ideal, so setzen wir
Sei $R$ ein Ring.
$V((0)) = \mathop{\rm Spec}\nolimits R$, $V((1)) = \emptyset $.
Sind $\mathfrak a_i$, $i\in I$, Ideale von $R$, so gilt
\[ \bigcap _i V(\mathfrak a_i) = V(\sum _i \mathfrak a_i). \]Sind $\mathfrak a$, $\mathfrak b$ Ideale von $R$, so gilt
\[ V(\mathfrak a) \cup V(\mathfrak b) = V(\mathfrak a\cap \mathfrak b). \]
Die Mengen $V(\mathfrak a)$ für alle Ideale $\mathfrak a\subseteq R$ bilden die abgeschlossenen Mengen einer Topologie auf $\mathop{\rm Spec}\nolimits R$, der sogenannten Zariski-Topologie.
Sei $\varphi \colon R\to R’$ ein Ringhomomorphismus. Dann ist
eine stetige Abbildung.
Die offenen Teilmengen der Form $D(f):=\mathop{\rm Spec}\nolimits R \setminus V(f)$ heißen ausgezeichnete offene Teilmengen. Sie bilden eine Basis der Topologie, d.h. dass jede offene Teilmenge von $\mathop{\rm Spec}\nolimits R$ eine Vereinigung von Teilmengen dieser Form ist. Außerdem sind endliche Durchschnitte von ausgezeichneten offenen Teilmengen wieder ausgezeichnete offene Teilmengen sind. Es gilt nämlich
1.2 Lokale Ringe, Lokalisierung
Ein Ring $R$ heißt lokaler Ring, wenn $R$ genau ein maximales Ideal $\mathfrak m$ besitzt. Wir bezeichnen dann den Körper $R/\mathfrak m$ als den Restklassenkörper von $R$. Wir schreiben: Sei $(R, \mathfrak m)$ ein lokaler Ring. als Kurzform für: Sei $R$ ein lokaler Ring mit maximalem Ideal $\mathfrak m$. Wir schreiben: Sei $(R, \mathfrak m, k)$ ein lokaler Ring. als Kurzform für: Sei $R$ ein lokaler Ring mit maximalem Ideal $\mathfrak m$ und Restklassenkörper $k$.
Sei $R$ ein Ring, $\mathfrak m\subsetneq R$ ein Ideal. Dann sind äquivalent:
Der Ring $R$ ist lokal mit maximalem Ideal $\mathfrak m$.
Es gilt $R \setminus \mathfrak m \subseteq R^\times $.
Das Ideal $\mathfrak m$ ist maximal und für alle $x\in \mathfrak m$ ist $1+x\in R^\times $.
Beispiele für lokale Ringe sind Körper und die Ringe
Allgemeiner werden wir unten zu jedem Ring $R$ und Primideal $\mathfrak p \subset R$ einen lokalen Ring $R_{\mathfrak p}$ konstruieren.
Sei $R$ ein Ring. Eine Teilmenge $S\subseteq R$ heißt multiplikative Teilmenge (oder multiplikatives System), falls $1\in S$ und für $s, s’\in S$ stets $ss’\in S$ gilt.
Sei $R$ ein Ring und $S\subseteq R$ eine multiplikative Teilmenge. Die auf der Menge $R\times S$ durch
definierte Relation ist eine Äquivalenzrelation. Wir bezeichnen die Äquivalenzklasse von $(r,s)$ mit $\frac rs$, und die Menge der Äquivalenzklassen mit $S^{-1}R$.
Mit den (wohldefinierten!) Verknüpfungen
wird $S^{-1}R$ zu einem kommutativen Ring mit Nullelement $\frac01$ und Einselement $\frac11$. Die Abbildung $\tau \colon R\to S^{-1}R$, $r\mapsto \frac r1$ ist ein Ringhomomorphismus, und es gilt $\tau (S) \subseteq (S^{-1}R)^\times $. Achtung: Im allgemeinen ist die Abbildung $\tau $ nicht injektiv!
Der Ring $S^{-1}R$ zusammen mit dem Homomorphismus $\tau $ heißt die Lokalisierung von $R$ nach $S$.
Mit den obigen Notationen gilt: Ist $\varphi \colon R \to R’$ ein Ringhomomorphismus mit $\varphi (S)\subseteq (R’)^\times $, so faktorisiert $\varphi $ in eindeutiger Weise über $\tau \colon R\to S^{-1}R$.
Ist $R$ ein Integritätsring, $S\subseteq R$ eine multiplikative Teilmenge, so gilt $\frac rs = \frac{r'}{s'}$ genau dann, wenn $rs’ = r’s$. Für einen Integritätsring $R$ erhält man für $S = R\setminus \{ 0 \} $ als Lokalisierung $S^{-1}R$ einen Körper, den sogenannten Quotientenkörper $\mathop{\rm Quot}\nolimits (R)$ von $R$.
Ist $R$ ein Ring, $f\in R$, so ist $S:= \{ 1, f, f^2, \dots \} $ eine multiplikative Teilmenge; in diesem Fall schreibt man $R_f := S^{-1}R$. Ist $R$ ein Ring und $\mathfrak p \subset R$ ein Primideal, so ist $S:= R\setminus p$ eine multiplikative Teilmenge; in diesem Fall schreibt man $R_{\mathfrak p}: = S^{-1}R$.
Sei $R$ ein Ring, $S$ eine multiplikative Teilmenge. Genau dann gilt $R=0$, wenn $0\in S$.
Sei $R$ ein Ring, $S\subseteq R$ eine multiplikative Teilmenge. Dann besteht eine Bijektion
Die Umkehrabbildung bildet $\mathfrak p$ ab auf das von $\tau (\mathfrak p)$ in $S^{-1}R$ erzeugte Ideal (das wir mit $\mathfrak p S^{-1}R$ bezeichnen).
Sei $R$ ein Ring, $\mathfrak p\in \mathop{\rm Spec}\nolimits R$. Dann heißt
der Restklassenkörper von $R$ in $\mathfrak p$.
Zu jedem $f\in R$, $\mathfrak p\in \mathop{\rm Spec}\nolimits R$, bezeichnen wir mit $f(\mathfrak p)$ das Bild von $f$ in $\kappa (\mathfrak p)$. In dieser Weise kann man die Elemente von $f$ als Funktionen auf $\mathop{\rm Spec}\nolimits R$ auffassen.
1.3 Radikale
Sei $R$ ein Ring. Das Ideal
heißt das Jacobson-Radikal von $R$.
$\mathop{\rm Jac}\nolimits (\mathbb Z) = 0$.
Ist $k$ ein Körper, so ist $\mathop{\rm Jac}\nolimits (k[X]) = 0$.
Sei $R$ ein Ring. Dann gilt
Sei $R$ ein Ring. Das Ideal
heißt das (Nil-)Radikal von $R$.
Sei $R$ ein Ring. Ein Element $x\in R$ heißt nilpotent, wenn $n \ge 0$ existiert mit $x^n = 0$. Der Ring $R$ heißt reduziert, wenn $R$ keine nilpotenten Elemente $\ne 0$ enthält.
Sei $R$ ein Ring. Dann gilt
Sei $R$ ein Ring und $\mathfrak a$ ein Ideal. Dann ist
und dieses Ideal heißt das Radikal von $\mathfrak a$ und wird mit $\sqrt{\mathfrak a}$ bezeichnet. Gilt $\mathfrak a = \sqrt{\mathfrak a}$, so nennt man $\mathfrak a$ auch Radikalideal.
Ist $R$ ein Ring, und $\mathfrak a\subseteq R$ ein Ideal, so gilt $V(\mathfrak a) = V(\sqrt{\mathfrak a})$.
Sei $R$ ein Ring, $\mathfrak a$ ein Ideal von $R$, und seien $\mathfrak p_1, \dots , \mathfrak p_n\in \mathop{\rm Spec}\nolimits R$ mit
Dann existiert ein $i$ mit $\mathfrak a\subseteq \mathfrak p_i$.
Sei $R$ ein Ring, seien $\mathfrak a_1, \dots , \mathfrak a_n\subseteq R$ Ideale, und sei $\mathfrak p\in \mathop{\rm Spec}\nolimits R$. Wenn
so gibt es ein $i$ mit $\mathfrak a_i\subseteq p$. Gilt in der Voraussetzung sogar Gleichheit, so gilt sogar $\mathfrak a_i= p$.
1.4 Moduln
Sei $R$ ein Ring. Eine Menge $M$ zusammen mit Verknüpfungen $+\colon M\times M\to M$, $\cdot \colon R\times M\times M$ heißt $R$-Modul, wenn gilt:
$(M, +)$ ist eine abelsche Gruppe,
für alle $r, s\in R$, $m\in M$ gilt: $(rs)\cdot m = r\cdot (s\cdot m)$,
für alle $r, s\in R$, $m, n\in M$ gilt: $(r+s)m = rm + sm$, $r(m+n) = rm+rn$,
für alle $m\in M$ gilt: $1\cdot m = m$.
Sei $R$ ein Ring. Eine Abbildung $f\colon M\to N$ zwischen $R$-Moduln $M$ und $N$ heißt $R$-Modul-Homomorphismus, falls gilt:
Ein Isomorphismus zwischen $R$-Moduln ist ein Homomorphismus, der einen Umkehrhomomorphismus besitzt.
Ist $R$ ein Körper, so ist ein $R$-Modul nichts anderes als ein $R$-Vektorraum, und ein $R$-Modul-Homomorphismus nichts anderes als ein $R$-Vektorraum-Homomorphismus.
Wie im Vektorraumfall überprüft man leicht, dass jeder bijektive Homomorphismus ein Isomorphismus ist.
Sei $R$ ein Ring. Eine $R$-Algebra $A$ ist ein Ring, der auch eine $R$-Modulstruktur trägt, so dass die Ringaddition und die Moduladdition übereinstimmen, und die Ringmultiplikation und die Skalarmultiplikation verträglich sind: $r(xy) = (rx)y = x(ry)$ für alle $r\in R$, $x, y\in A$. In diesem Fall definiert die Zuordnung $r\mapsto r\cdot 1$ einen Ringhomomorphismus $\varphi \colon R\to A$.
Ist andersherum $\varphi \colon R\to A$ ein Ringhomomorphismus, so definiert die Skalarmultiplikation $r\cdot x:= \varphi (r)x$ eine Algebrenstruktur auf $A$.
Genauer sollte man die hier definierten Algebren als assoziative kommutative Algebren mit Eins bezeichnen. Andere Algebren kommen aber in diesem Skript nicht vor.
Seien $R$ ein Ring und $M$ ein $R$-Modul. Eine Teilmenge $N\subseteq M$ heißt Untermodul, falls $0\in N$ und $N$ abgeschlossen ist unter Addition und unter Skalarmultiplikation mit Elementen aus $R$.
Weil $(-1)n = -n$ ist ein Untermodul stets abgeschlossen unter Bildung des additiven Inversen. Daher ist eine Teilmenge eines $R$-Moduls genau dann ein Untermodul, wenn sie mit den Einschränkungen von $+$ und $\cdot $ selbst ein $R$-Modul ist.
Ist $R$ ein Ring, so ist $R$ selbst in offensichtlicher Weise ein $R$-Modul. Die $R$-Untermoduln von $R$ sind genau die Ideale von $R$. Ein $\mathbb Z$-Modul ist “dasselbe” wie eine abelsche Gruppe; unter dieser Entsprechung entsprechen sich die Begriffe von Modulhomomorphismus und Gruppenhomomorphismus, und die Begriffe von Untermodul und Untergruppe.
Sei $R$ ein Ring. Ein $R$-Modul $M$ heißt frei, wenn er eine Basis besitzt, d.h. wenn eine Familie $(b_i)_i$ von Elementen aus $M$ existiert, so dass sich jedes $m\in M$ in eindeutiger Weise als Linearkombination der $b_i$ mit Koeffizienten in $R$ schreiben lässt.
Über einen Körper sind alle Moduln frei: Das ist gerade der Satz, dass jeder Vektorraum eine Basis besitzt. Andererseits ist zum Beispiel der $\mathbb Z$-Modul $\mathbb Z/2\mathbb Z$ nicht frei.
Sei $R$ ein Ring.
Die triviale abelsche Gruppe $\{ 0 \} $ kann in eindeutiger Weise zu einem $R$-Modul gemacht werden, den wir auch mit $0$ bezeichen. Dieser Modul heißt der Nullmodul. Der Ring $R$ selbst ist in offensichtlicher Weise ein (freier) $R$-Modul.
Sei $M$ ein $R$-Modul. Der Durchschnitt von Untermodul von $M$ ist ein Untermodul.
Sind $R$ ein Ring, $M$ ein $R$-Modul und ist $X\subseteq M$ eine Teilmenge, so ist
\[ \langle X\rangle _R := \bigcap _{N \subseteq M\ \text{ Untermodul}, X\subseteq N} N = \left\{ \sum _{i=1}^n a_i x_i;\ n\ge 0, a_i \in R, x_i\in X \right\} \]der kleinste Untermodul von $M$, der $X$ enthält. Wir nennen $\langle X\rangle _R$ den von $X$ erzeugten Untermodul. Ist $X = \{ x_1, \dots , x_n \} $, so schreiben wir $\langle x_1, \dots , x_n\rangle _R := \langle X\rangle _R$. Ein Untermodul $N$ heißt endlich erzeugt, wenn endlich viele Elemente $x_1, \dots , x_n\in N$ existieren mit $N=\langle x_1, \dots , x_n\rangle $.
Sind $N_\nu \subseteq M$ Untermoduln, so heißt der von $\bigcup _\nu N_\nu $ erzeugte Untermodul die Summe der Untermoduln $N_\nu $, in Zeichen $\sum _\nu N_\nu $.
Sei $R$ ein Ring, $f\colon M\to N$ ein Homomorphismus von $R$-Moduln. Dann sind der Kern $\mathop{\rm Ker}f:= f^{-1}(0)$ und das Bild $\mathop{\rm Im}f:= f(M)$ von $f$ Untermoduln von $M$ bzw. von $N$.
Sei $R$ ein Ring. Sind $M$, $N$ zwei $R$-Moduln, so ist die Menge $\mathop{\rm Hom}\nolimits _R(M, N)$ aller $R$-Modul-Homomorphismen von $M$ nach $N$ in natürlicher Weise ein $R$-Modul.
Sei $R$ ein Ring, und sei $(M_i)_{i\in I}$ eine Familie von $R$-Moduln.
Das kartesische Produkt $\prod _i M_i$ ist mit komponentenweiser Addition und Skalarmultiplikation ein $R$-Modul, das (direkte) Produkt der $M_i$.
Die Teilmenge
\[ \bigoplus _{i\in I} M_i := \{ (m_i)_i \in \prod _i M_i;\ m_i=0 \ \text{für alle bis auf endlich viele}\ i \} \]ist ein Untermodul von $\prod _i M_i$ und heißt die direkte Summe der $M_i$.
Ist speziell $M_i = M$ für alle $i$, so schreiben wir auch $M^I := \prod _i M$, $M^{(I)} := \bigoplus _i M$.
Ist die Indexmenge $I$ in der Definition endlich, so stimmen direktes Produkt und direkte Summe überein.
Sei $R$ ein Ring, $M$ ein $R$-Modul. Der $R$-Modul $M$ ist genau dann frei, wenn eine Menge $I$ existiert, so dass $M\cong R^{(I)}$.
Direktes Produkt und direkte Summe lassen sich durch universelle Eigenschaften charakterisieren, es handelt sich gerade um das Produkt und das Koprodukt in der Kategorie der $R$-Moduln, siehe 2.3.
Lokalisierung von Moduln
Ist $R$ ein Ring, $M$ ein $R$-Modul und $S\subseteq R$ eine multiplikative Teilmenge, so kann man analog zur Lokalisierung von Ringen einen $S^{-1}R$-Modul $S^{-1}M$ aller Brüche $\frac ms$, $m\in M$, $s\in S$, konstruieren. Wie im Fall von Ringen gilt
In Analogie zu den Schreibweisen $R_{\mathfrak p}$, $R_f$ schreiben wir auch $M_{\mathfrak p}$, $M_f$.
Quotient eines Moduls nach einem Untermodul
Ist $R$ ein Ring, $M$ ein $R$-Modul und $N\subseteq M$ ein Untermodul, so ist die abelsche Gruppe $M/N$ in natürlicher Weise ein $R$-Modul (mit $r(m+N) := (rm)+N$ als Skalarmultiplikation), und es gilt die offensichtliche Version des Homomorphiesatzes.
Ein $R$-Modul $M$ ist genau dann endlich erzeugt, wenn $n\ge 0$ und ein Untermodul $N\subseteq R^n$ existieren mit $M\cong R^n/N$.
Das Lemma von Nakayama
Sind $R$ ein Ring, $\mathfrak a\subseteq R$ ein Ideal und $M$ ein $R$-Modul, so sei
Sei $R$ ein Ring, $\mathfrak a \subseteq \mathop{\rm Jac}(R)$ ein Ideal von $R$ und sei $M$ ein endlich erzeugter $R$-Modul mit $\mathfrak a M = M$. Dann gilt $M=0$.
Sei $R$ ein Ring, $\mathfrak a \subseteq \mathop{\rm Jac}(R)$ ein Ideal von $R$ und sei $M$ ein endlich erzeugter $R$-Modul. Ist $N\subseteq M$ ein Untermodul mit $N + \mathfrak a M = M$, so gilt $N=M$.
Sei $(R, \mathfrak m, k)$ ein lokaler Ring und $M$ ein endlich erzeugter $R$-Modul. Dann ist $M/\mathfrak m M$ in natürlicher Weise ein (endlich erzeugter) Vektorraum über dem Restklassenkörper $k$ von $R$. Sind $x_1, \dots , x_n\in M$ Elemente, deren Restklassen in $M/\mathfrak m M$ ein Erzeugendensystem dieses $k$-Vektorraums bilden, so ist $x_1, \dots , x_n$ ein Erzeugendensystem von $M$.
Sei $R$ ein Ring, $M$ ein $R$-Modul, $\mathfrak p\in \mathop{\rm Spec}\nolimits R$. Dann heißt
die Faser von $M$ über $\mathfrak p$.
Sei $M$ ein endlich erzeugter $R$-Modul, und seien $\mathfrak p \subseteq \mathfrak p’$ Primideale von $R$. Dann gilt $\dim _{\kappa (\mathfrak p)} M(\mathfrak p) \le \dim _{\kappa (\mathfrak p')} M(\mathfrak p’)$.
Sei $R$ ein Ring, $M$ ein $R$-Modul. Betrachte die Eigenschaften
$M=0$.
Für alle $\mathfrak p\in \mathop{\rm Spec}\nolimits R$ gilt $M_{\mathfrak p} = 0$.
Für alle $\mathfrak m\in \mathop{\rm Spm}\nolimits R$ gilt $M_{\mathfrak m} = 0$.
Für alle $\mathfrak m\in \mathop{\rm Spm}\nolimits R$ gilt $M({\mathfrak m}) = 0$.
Dann sind (1), (2), (3) äquivalent und implizieren (4). Ist $M$ endlich erzeugt über $R$, so sind alle vier Eigenschaften äquivalent.
1.5 Tensorprodukte
Sei $R$ ein Ring.
Seien $M$, $N$ zwei $R$-Moduln. Ein $R$-Modul $T$ zusammen mit einer bilinearen Abbildung $\varphi \colon M\times N \to T$ heißt Tensorprodukt von $M$ und $N$ über $R$, falls für jeden $R$-Modul $P$ und jede bilineare Abbildung $f \colon M\times N\to P$ genau ein $R$-Modulhomomorphismus $\psi \colon T \to P$ existiert, so dass $\psi \circ \varphi = f$.
Seien $M$, $N$ zwei $R$-Moduln. Dann existiert ein Tensorprodukt von $M$ und $N$ über $R$, und es ist eindeutig bestimmt bis auf eindeutigen Isomorphismus.
Wir bezeichnen das Tensorprodukt von $M$ und $N$ über $R$ mit $M\otimes _R N$, und das Bild von $(x,y)\in M\times N$ in $M\otimes _R N$ mit $x\otimes y$.
Ist $K$ ein Körper und sind $V$, $W$ zwei $K$-Vektorräume, so haben wir Identifizierungen
also ist $V\otimes _KW = \mathop{\rm Hom}\nolimits _K(V, W^\vee )^\vee $.
Speziell können wir $K^m\otimes _K K^n$ mit $\mathop{\rm Mat}_{m\times n}(K)$ identifizieren.
Seien $R$ ein Ring und seien $M$, $N$ zwei $R$-Moduln.
Jedes Element von $M\otimes _RN$ ist eine endliche Summe von Elementen der Form $x\otimes y$, $x\in M$, $y\in N$.
Seien $(x_i)_i$ ein Erzeugendensystem von $M$ und $(y_i)_i$ ein Erzeugendensystem von $N$. Dann ist $(x_i\otimes y_i)_i$ ein Erzeugendensystem von $M\otimes _RN$.
Wir haben kanonische Isomorphismen $R\otimes _RM \overset {\sim }{\to }M$, $r\otimes m\mapsto rm$ und $M\otimes N\overset {\sim }{\to }N\otimes M$, $m\otimes n\mapsto n\otimes n$.
Das Tensorprodukt ist “funktoriell” im folgenden Sinne: Sind $\varphi \colon M\to M’$ und $\psi \colon N\to N’$ zwei $R$-Modulhomomorphismen, so erhalten wir einen $R$-Modul-Homomorphismus
\[ \varphi \otimes \psi \colon M\otimes _RN \to M’\otimes _RN’,\quad m\otimes n\mapsto m’\otimes n’. \]Diese Konstruktion ist verträglich mit der Verkettung von Abbildungen.
Seien $M$ und $N$ zwei $R$-Moduln, seien $x_i\in M$, $y_i\in N$ mit
Dann existieren endlich erzeugte Untermoduln $M_0\subseteq M$, $N_0\subseteq N$, so dass $x_i\in M_0$, $y_i\in N_0$ für alle $i$ und so dass
Analog zum obigen Fall kann man für multilineare (anstelle von bilinearen) Abbildungen vorgehen. Man erhält dann Tensorprodukte $M_1\otimes _RM_2\otimes \cdots \otimes _RM_n$. Man hat natürliche Identifikationen
und entsprechend für mehr als 3 Faktoren.
Seien $A$, $B$ Ringe, sei $M$ ein $A$-Modul, $P$ ein $B$-Modul, und sei $N$ ein $(A, B)$-Bimodul, d.h. es sei $N$ ein $A$-Modul und gleichzeitig ein $B$-Modul, so dass $(ax)b = a(xb)$ für alle $a\in A$, $b\in B$, $x\in N$. Wir schreiben hier die Skalarmultiplikation mit Elementen von $B$ als Multiplikation von rechts.
Dann ist $M\otimes _AN$ ein $B$-Modul (“von rechts”), und $N\otimes _BP$ ein $A$-Modul (“von links”), und
ist ein Isomorphismus von $(A,B)$-Bimoduln, mit dem wir stets die beiden Seiten identifizieren.
Basiswechsel
Sei $\varphi \colon A\to B$ ein Ringhomomorphismus und $M$ ein $A$-Modul. Dann wird der $A$-Modul $B\otimes _AM$ durch die (wohldefinierte!) Skalarmultiplikation
zu einem $B$-Modul. Wir sagen, der $B$-Modul $B\otimes _AM$ entstehe aus $M$ durch Basiswechsel mit $\varphi $.
Sei $R$ ein Ring, $S\subseteq R$ eine multiplikative Teilmenge, $\varphi \colon R\to S^{-1}$ der natürliche Homomorphismus und $M$ ein $R$-Modul. Dann ist
\[ S^{-1}R\otimes _RM \to S^{-1}M,\quad \frac xs \otimes m \mapsto \frac{xm}s \]ein Isomorphismus von $S^{-1}R$-Moduln (mit Umkehrabbildung $\frac ms\mapsto \frac1s\otimes m$).
Sei $R$ ein Ring und $\mathfrak a$ ein Ideal. Sei $\varphi \colon R\to R/\mathfrak a$ die kanonische Projektion. Dann ist
\[ R/\mathfrak a\otimes _R M \to M/\mathfrak aM,\quad \overline{x} \otimes m \mapsto \overline{xm} \]ein Isomorphismus von $R/\mathfrak a$-Moduln (mit Umkehrabbildung $\overline{m}\mapsto 1\otimes m$).
Sei $R$ ein Ring und $\mathfrak p\in \mathop{\rm Spec}\nolimits R$ ein Primideal. Sei $M$ ein $R$-Modul. Dann gilt
\[ M(\mathfrak p) = M\otimes _R \kappa (\mathfrak p). \]
Ist andererseits $\varphi \colon A\to B$ ein Ringhomomorphismus und $N$ ein $B$-Modul, so kann man $M$ als $A$-Modul auffassen durch die Skalarmultiplikation $a\cdot m:= \varphi (a) m$. Wir bezeichnen den so erhaltenen $A$-Modul in der Regel wieder mit $M$.
Tensorprodukt von Algebren
Seien $R$ ein Ring und $A$, $B$ zwei $R$-Algebren. Dann wird $A\otimes _R B$ mit der (wohldefinierten!) Multiplikation
zu einem Ring, und vermöge des Ringhomomorphismus $R\to A\otimes _RB$, $x\mapsto x\otimes 1 (= 1\otimes x)$ zu einer $R$-Algebra. Mit den Ringhomomorphismen $\alpha :A\to A\otimes _RB$, $a\mapsto a\otimes 1$ bzw. $\beta :B\to A\otimes _RB$, $b\mapsto 1\otimes b$ können wir $A\otimes _RB$ auch als $A$-Algebra bzw. als $B$-Algebra auffassen.
Seien $R$ ein Ring und seien $A$, $B$ zwei $R$-Algebren.
Es existiert ein kommutatives Diagramm
von Ringhomomorphismen, und für jeden Ring $T$ zusammen mit Ringhomomorphismen $f: A\to T$, $g: B\to T$ mit $f\circ \varphi = g\circ \psi $ existiert ein eindeutig bestimmter Ringhomomorphismus $h:A\otimes _RB \to T$, so dass $f = h \circ \alpha $, $g = h\circ \beta $.
Mit den obigen Notationen ist $h(a\otimes b) = f(a)\cdot g(b)$.
Seien $A$, $B$ zwei $R$-Algebren. Dann sind die Abbildungen $\alpha \colon A\to A\otimes _RB$, $a\mapsto a\otimes 1$, und $\beta \colon B\to A\otimes _RB$, $b\mapsto 1\otimes b$, Homomorphismen von $R$-Algebren.
Für jede $R$-Algebra $C$ und $R$-Algebren-Homomorphismen $f\colon A\to C$, $g\colon B\to C$ existiert ein eindeutig bestimmter Homomorphismus $h\colon A\otimes _RB\to C$ von $R$-Algebren, so dass $h\circ \alpha = f$, $h\circ \beta = g$.
Mit anderen Worten: Das Tensorprodukt $A\otimes _RB$ (zusammen mit den Abbildungen $\alpha $ $\beta $) erfüllt die universelle Eigenschaft des Koprodukts in der Kategorie der $R$-Algebren, siehe Definition 2.3.
Ist $B$ eine $A$-Algebra und ist $\mathfrak a\subseteq A$ ein Ideal, so gilt $A/\mathfrak a \otimes _AB = B/\mathfrak aB$.
Ist $B$ eine $A$-Algebra und ist $S\subseteq A$ eine multiplikative Teilmenge, so gilt $S^{-1}A\otimes _AB = S^{-1}B$.
Ist $B$ eine $A$-Algebra, so gilt $A[X]\otimes _AB = B[X]$.